Libre vs. Open

Stefan Meretz stefan at meretz.de
So Feb 27 14:54:28 UTC 2011


On 2011-02-24 11:01, Bernhard Reiter wrote:
> > Irgend jemand muss mal anfangen, muss mal abseits vom Mainstream
> > denken, muss mal in der Freizeit was zusammenbauen, muss mal
> > widersprechen und muss mal etwas neues in die Welt setzen.
> 
> Das geht und gilt im Unternehmensumfeld genauso wie in der Freizeit.
> Oder anders gesagt: Freizeit ist keine Grundvoraussetzung, dass
> Denken abseits des Mainstreams oder Widerspruch geschieht.

Der Unterschied ist: Im Unternehmen muss auf die Verkaufbarkeit (früher 
oder später) orientiert werden, in der Freizeit nicht. Aber ich will die 
»Freizeit« nicht idealisieren, denn sie ist oft nur mit Unfrei(z|h)eit 
erkauft. War nur ein Beispiel.

> > Deswegen gehören die Freiheit des Produkts und der Produktionsweise
> > auch zusammen.
> 
> Die FSFE befasst sich auch mit den Bedingungen, wie Freie Software
> entsteht, wie sie genutzt wird. Das gilt auch für gesellschaftliche
> und geschäftliche Auswirkungen, Voraussetzungen und Weiteres.
> Unserer Überzeugung nach kann Freie Software mit guter Auswirkung
> auf die Freiheit der Entwickler, Nutzer und der Gesellschaft
> durchaus in professionellen oder kommerziellen Zusammenhängen
> entstehen.

Yep, finde ich gut.

> > Freie Menschen sind nun mal produktiver als gegängelte.
> 
> Manche Menschen fühlen sich in professionellen Umgebungen weniger
> gegängelt, als anderswo. Schon der Drang ständig Essen zu müssen,
> kann gängeln.

Na, dann geh doch was essen. Leichter zu lösen als ein Unternehmen am 
Rennen zu halten und am Markt zu bestehen.

> Das Konzept "Freie Menschen", wie ich es bei Dir
> herauslese ist mir unverständlich, nicht mal utopisch.

Mit diesem »Konzept« haben sich im Grunde fast alle Philosophien 
befasst. Es gibt also einen reichhaltigen Schatz an Reflexionen über die 
Frage der Freiheit des Menschen. Ich kann mich ganz gut mit der Fassung 
von Hegel anfreunden, für den die Weltgeschichte ein Prozess der 
zunehmenden (bewusst werdenden) Freiheit ist. Insofern empfinde ich die 
begrenzte Freiheitssicht der FSF als Freiheit der Nutzenden als einen 
Fortschritt gegenüber der Unfreiheit bei der prop. Software. Eine Freie 
Gesellschaft braucht aber die Freiheit aller, vor allem auch der 
Produzenten. Das ist noch nicht mal eine Forderung von mir, sondern ein 
Prozess, der abläuft. Als ich vor zehn Jahren voraussagte, dass sich die 
Prinzipien Freier Software früher oder später auf alle Bereiche der 
Gesellschaft (mehr oder minder deutlich) ausdehnen würden, hat das kaum 
einer für realistisch gehalten. Und heute passiert's, und wir stehen 
gerade erst am Anfang. Der Motor des Prozesses ist der »Freie Mensch«, 
der Entfremdung als Unfreiheit empfindet und hinter sich lässt (egal ob 
Potentatenherrschaft oder Marktzwänge etc.). Als Tendenz. Sehe ich so, 
muss man nicht teilen.

Ciao,
Stefan

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