Finanzierung freier Software (was: Administrationsaufwandsvergleiche, Innovation und Unternehmen)

olafBuddenhagen at gmx.net olafBuddenhagen at gmx.net
So Aug 28 23:25:17 UTC 2011


Hallo,

On Tue, Jun 21, 2011 at 12:22:03PM +0200, Bernhard Reiter wrote:
> Am Montag, 20. Juni 2011 10:07:54 schrieb Thilo Pfennig:

> > Ich glaube das Problem ist, dass bei Linux viele große Firmen die
> > Entwicklung bestimmen 
> 
> Es stimmt, die großen Unternehmen beeinflussen zur Zeit die
> Entwicklung Freier Software Produkte recht stark, meiner Ansicht nach
> auch zu stark. Ich denke deshalb, dass Privatleute und kleinere
> Organisationen mehr freiwillig für Freie Software zahlen sollten, um
> so die hier dringend benötigten Geschäftsmodelle zu fördern.

Man darf nicht vergessen, dass viele der großene Konzerne -- wie Nokia,
oder Intel und seine Partner -- zum erheblichen Teil auch an
Privatanwender verkaufen. Auch wenn die Bezahlung hier nur indirekt
erfolgt (meist im Rahmen des Hardwareerwerbs), kann man schon davon
ausgehen, dass in den *meisten* Hinsichten die Interessen dieser
Konzerne sich durchaus mit denen von privaten Endanwendern decken, die
ihre Kunden sind.

(Ausnahmen sind Sachen wie DRM -- also dort wo die Interessen den
Hardware-Anbieter sich teilweise mehr nach den Interessen der
Content-Anbieter als nach den echten Interessen der Endanwender
richten...)

Reine Softwareanbieter wie RedHat -- die meist von den Kunden direkt
bezahlt werden -- verkaufen zugegebener Maßen nur an größere
Organisationen. Allerdings sind die Mitarbeiter dieser Organisationen,
die die Software am Ende Nutzen, ja auch Endanwender. Daher gibt es auch
hier eine große Überdeckung mit den Interessen privater Endanwender.

(Außnahmen in diesem Fall betreffen hauptsächlich Systemadministation,
die in großen Organisationen ja generell ganz anders abläuft als bei
privaten Anwendern...)

Außerdem darf man nicht vergessen, dass RedHat auf die
Entwickler-Community angewiesen ist; und deshalb auch ein starkes
Interesse daran hat, die Bedürfnisse von privaten Endanwendern zu
bedienen, *obwohl* diese keinen direkten Umsatz bringen!

Alles in allem sehe ich die Situation daher nicht allzu problematisch.

Wie ich schon in einem anderen Thread erörtert habe, halte ich es auch
nicht wirklich für sinnvoll, allzu sehr auf (direkte) Bezahlung durch
private Endanwender zu pochen: Denn das funktioniert schon bei
proprietärer Software in den meisten Bereichen kaum -- und ich kann mir
auch schwer vorstellen, dass es mit freier Software in dieser Hinsicht
jemals wesentlich anders sein wird oder werden kann...

Eine Ausnahme stellen hier Sachen wie Unterhaltungssoftware dar, die von
ihrer Natur her praktisch ausschließlich für private Anwender
interessant sind, und daher zwangsläufig (mehr oder weniger direkt) von
diesen finanziert werden müssen. Allerdings ist in diesem Bereich die
Zahlungsbereitschaft generell wesentlich höher (sonst gäbe es ja gar
keine kommerzielle Software in diesem bereich, auch keine
proprietäre...); und daher die Aussicht auf tragbare Geschäftsmodelle
auf dieser Basis wesentlich besser.

> > - und sich mal einbringen und wieder zurückziehen. Wie z.B. Nokia.
> > Die haben ja viele Jahre die GNOME-Ausrichtung bestimmt - und nun
> > haben sie sich rausgezogen. Das ist anders als bei Firefox.
> 
> Ist Firefox über die Mozilla Foundation nicht dominant von Google
> finanziert? Ich denke Unternehmen verhalten sich, wie andere
> Teilnehmer an einer Gemeinschaft auch: Sie vertreten Ihr Interesse und
> wenden sich halt ab, wenn das Interesse erlöscht.

Die Mozilla Foundation erzielt einen Großteil der Einnahmen über
Search-Referrals für Google, wenn Leute über die Suchleiste oder die
Startseite etwas suchen. Ich habe mich nicht speziell damit befasst;
aber ich denke dass hier kein explizites Sponsoring duch Google
stattfindet -- jeder andere Browser-Hersteller kann das gleiche machen.
Daher hat Google wohl auch nicht viel Einfluss auf die Entwicklung.
Mozilla wird zweifelslos nicht den Standard-Suchanbieter wechseln (oder
wenn, dann nur zu einem anderen großen Anbieter der ein ähnlich gutes
Angebot für die Referrals macht...) -- aber an sonsten sehe ich keine
inhaltliche Abhängigkeit.

(Google wird zweifelsfrei auch in Zukunft ein Interesse daran haben,
dass Browser die Google-Suche einbinden; und folglich kann man das wohl
auch als eine recht sichere Einnahmequelle sehen...)

-antrik-



Mehr Informationen über die Mailingliste FSFE-de