FoeBud nutzt proprietäre Software (Re: "Basisdemokratie und Ehrenamt sind keine Allheilmittel. " von Leena.de)

Leena listen at leena.de
Mi Apr 20 09:54:40 UTC 2011


Hey Leute,

danke für die positive Rückmeldung auf meinen Blogbeitrag! 

Es freut mich, dass gerade von Seiten der FSFE, die ja auch mit der 
Schwierigkeit um Ehrenamt vs. Festangestellte zu kämpfen hat, da positive 
Rückmeldung kommt. In diesem Zusammenhang, erwähne ich die FSFE auch oft als 
Positivbeispiel, weil ich finde, dass sie das ziemlich gut geregelt bekommt. 

> Zur "Digitalen Gesellschaft" und anderen netzpolitischen Vereinigungen 
(FoeBuD usw.) möchte ich noch anmerken, dass mir diese zu einseitig auf 
unmittelbar politisch realisierbare Forderungen ausgelegt sind bzw. dass diese 
nicht zu Ende gedacht sind.

Was ich an dieser Diskussion etwas traurig finde ist, dass es sofort wieder 
darum geht, dass der FoeBuD FS nicht unterstützt und das dann leider auch noch 
ziemlich spekulativ. Der FoeBuD hat schon 1989 Veranstaltungen zu GNU gemacht, 
lange lange bevor es die FSFE überhaupt gab.

Nicht zu Ende gedacht worden zu sein, ist ein ganz schön starker Vorwurf.

Ich finde es bezeichnend, wenn man über ein anderes gemeinsames Thema sprechen 
will und sofort wieder den Vorwurf bekommt, der noch dazu unbegründet ist. Das 
ist höchst unproduktiv und lässt uns FS-Aktivisten in einem fragwürdigen Licht 
darstehen.

Ich bin ja im FoeBuD aktiv und wirke dort auch schon kräftig drauf ein, dass 
Freie Software genutzt wird. (Dass padeluun auf der FSA Freie Software erwähnt 
hat, hing mit mir zusammen, hat vielen aber auch nicht gefallen, weil er es 
nicht richtig getan hat.)

So wird jetzt der PraktikantInnenrechner auf Ubuntu umgestellt, Plone wird 
genutzt und gerade wird die Datenbank auf CiviCRM umgestellt. Die gesamte 
Serverstruktur besteht aus Freier Software.

> Darunter steht sie suchen 'Leute, die sich mit dem von uns verwendeten 
Redaktionssystem namens "plone" auskennen', Freie Software wird also auch beim 
FoeBuD eingesetzt.

Danke, Bernhard, für die Korrektur des etwas einseitigen Blicks auf die 
Webseite.

Eigentlich sind es primär Rena und padeluun, die Windows nutzen und das ist 
auch ein Stück weit ihre Privatentscheidung. Den Hintergrund dazu kenne ich, 
möchte ihn jedoch nicht in dieser Öffentlichkeit ausführen. Ich finde ihn zwar 
nicht 100%ig stimmig, kann euch aber sagen, dass es dafür einen 
reflerktierteren Grund gibt, als bei den meisten, den ich auch ein Stück weit 
nachvollziehen kann.

Dass der FoeBuD sich nun CS4 besorgt hat, ist sogar auf meine Initiative 
zurückzuführen. Ich möchte für den FoeBuD kleine Filmchen schneiden und dafür 
brauche ich Premiere. (Und das ist so teuer, dass sich dann lohnt, die ganze 
Suite zu kaufen.) Und warum möchte ich mit Premiere schneiden? Weil es (und 
glaubt mir, ich habe es versucht) einfach keine brauchbare professionelle 
freie Schnittsoftware gibt. Es gibt da einige vielversprechende Projekte, aber 
mich damit jetzt abkämpfen zu müssen würde entweder verursachen, dass ich 
nicht zum Schneiden komme, oder dass ich einen mords Hass auf FS bekomme. FS 
um jeden Preis ist eine Philosophie, die ich nicht vertrete, da sie Menschen 
auch von der Freien Software vertreiben kann. Ich behalte die 
Schnittsoftwareprojekte im Blick und werde umsteigen, sobald davon etwas 
zumindest annähernd an Premiere heranreicht.

Der FoeBuD arbeitet außerdem mit vielen Grafikern zusammen und kann sich nicht 
leisten, nur die zu nehmen, die FS nutzen wollen. Die meisten nutzen PS oder 
InDesign. Der FoeBuD ist ein sehr kleiner Verein und kann sich nicht die ganze 
Zeit mit unterschiedlichen Formaten usw. rum schlagen. Also werden sie 
pragmatisch und nutzen auch diese Programme, die ja auch (darauf hat Roland ja 
auch schon hingewiesen) tatsächlich ziemlich gut sind. 
Das bedeutet nicht, dass er nicht verstanden hätte, warum FS wichtig ist. Das 
bedeutet nur, dass er einen recht pragmatischen Blick hat, der auch genau eine 
der Schwächen Freier Software aufzeigen könnte.

Mit CiviCRM gibt es im FoeBuD seit Anfang des Jahres (seitdem es implementiert 
wird) sehr viel Ärger und Stress. Die Umstellung darauf legt gerade fast den 
ganzen FoeBuD lahm. Dennoch sehen die Leute hier es für wichtig, darauf 
umzustellen und vernetzen sich auch mich anderen Organisationen (wie attac 
oder oxfam), die auch darauf umstellen. Ich bekomme first Hand mit, wie viel 
Ärger sie sich hier machen, um (schrittweise) auf Freie Software umzustellen. 
Die Vorwürfe an den FoeBuD halte ich -vor allem vor diesem Hintergrund- für 
ziemlich ungerecht.

Die Frage sollte eher lauten: Warum nutzen Organisationen wie der FoeBuD, die 
die Relevanz von FS verstanden haben dennoch lieber proprietäre Software? 
Warum bedeutet es denn so viel Ärger auf FS umzustellen? Die Antwort auf diese 
Frage könnte viele Hinweise darauf geben, was sich an FS noch ändern müsste, 
damit sie sich weiter verbreitet.

FS ist nicht Kernthema des FoeBuD, und das ist auch ok, denn dafür gibt es ja 
schon eine Organisation. Ich würde mich sehr freuen, wenn die FSFE und der 
FoeBuD enger zusammenarbeiten würden. Das funktioniert aber nicht, wenn man 
sich gleich so (unfundierte) Vorwürfe macht.

Ich habe mit padeluun schon oft über Freie Software gesprochen und kann seine 
Bedenken und Probleme damit auch nachvollziehen. Wir könnten daraus eigentlich 
sogar einiges lernen. Deswegen würde ich, wie Bernhard vorgeschlagen hat, eher 
den Kontakt zum FoeBuD suchen.

Ich hatte schon länger die Idee, da etwas mehr Kooperation herzustellen.
1) Jemand könnte mal nach Bielefeld kommen und auf einer Public Domain [1] 
(Vortragsreihe des FoeBuD) einen Vortrag zu FS halten. Der FoeBuD hätte 
Interesse. Im Anschluss könnte man sich noch über weitere Zusammenarbeit 
unterhalten.
2) Wir könnten padeluun zu einem Vortrag nach Berlin einladen, uns seine 
Kritik anhören (er hat sich da tatsächlich viel Gedanken drüber gemacht) und 
hinterher mit ihm diskutieren. padeluun hat zwar nicht viel Zeit, aber auch 
hierfür Interesse angemeldet.

Ich würde mich freuen, wenn wir zunächst auf die Gemeinsamkeiten sehen würden 
und uns dann auf dieser Basis auch kritisieren könnten. Alles Andere treibt 
uns nur weiter auseinander.

Ich hoffe, ihr versteht meine Mail jetzt nicht als Vorwurf. Es ist für mich nur 
ziemlich frustrierend. Denn ich bemühe mich darum, dem FoeBuD FS nahe zu 
bringen und stoße auch auf fruchtbaren Boden. Aber (und das zeigt auch die 
große Diskussion um padeluuns Kommentar auf der Demo, die leider nicht mit ihm 
geführt wurde, sondern nur FSFE-intern) irgendwie kriege ich langsam das 
Gefühl, dass es auch schwer ist, es "richtig" zu machen. Und das demotiviert. 
Deswegen jetzt meine ausführliche Mail zu diesem Thema.
Ich hätte mich beispielsweise gefreut, wenn mich jemand gefragt hätte, bevor 
spekuliert wird. 

Liebe Grüße, Leena

[1] http://www.foebud.org/pd
-- 
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www.foebud.org



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