Fwd: OpenSource-Strategien

Matthias Kirschner mk at fsfe.org
Do Dez 2 16:22:38 UTC 2010


Hallo Jörg,

* Jörg Schmidt <joesch04 at web.de> [2010-12-02 14:20:13 +0100]:

> Sicher nicht, nur heißt das ja nicht weil sich _die_ Strategie nicht
> ausmachen ließe das es garkeine erkennbare Strategie im Sinne der
> überwiegend angewendeten, akzeptiereten Strategie gäbe.

Was meinst du mit einer überwiegend angewendeten, akzeptierten
Strategie? Von wem überwiegend angewendet und von wem akzeptiert?

> > Unterschiedliche Organisationen haben unterschiedliche Strategien. 
> 
> Ja sicher. Und der Satz sagt mir nun das ein Vertreter der FSFE glaubt
> für seine Organisation nicht konkret antworten zu können und lieber
> allgemein bleibt?

Was ist deine konkrete Frage auf die ich dir antworten kann?

> > Manche betonen die Verfügbarkeit von Quellcode, mache den
> > Kostenaspekt, 
> 
> Was eigentlich tut die FSFE gegen Letzteres? 

Gegen das Argument, dass Freie Software auf lange Frist weniger Geld
kostet? Wir erklären folgende Punkte: 1. Freie Software ist nicht
kostenlose Software sondern definiert sich dadurch, dass sie für jeden
Zweck verwendet, verstanden, verbreitet und verbessert wedern darf 2.
Freie Software kann kurz- und mittelfristig auch mehr Geld kosten 3.
langfristig spart man mit Freier Software (Wegfall von
Dienstleistungsmonopolen, ...)

Mehr dazu gibt es unter
http://www.intevation.de/~bernhard/publications/200408-hmd/200408-wandel_der_it_20j_fs.html
5. Chancen Freier Software, 5.1 Kosten und Migration. Das ist
deckungsgleich mit der Position der FSFE. Daneben erklärt auch 
http://www.fsfe.org/freesoftware/enterprise/freesoftwarecompany.en.html
ziemlich gut unsere Position zu den wirtschaftlichen Aspekten.

> > andere den Punkt, dass Software angepasst werden kann, andere die
> > Auswirkungen auf die Volkswirtschaft. Es müssen ja auch nicht alle
> > komplett abgestimmt und mit der gleichen Strategie handeln. 
> 
> Doch genau das sollten sie! Wiederum bin ich erschrocken sowas von
> einem Vertreter einer Organisation zu hören die sich ja eigentlich
> genau dafür verantwortlich fühlen sollte in solchen Dingen
> einheitliches, kraftvolles Handeln zu organisieren.

Die Aufgabe der FSFE ist es nicht, anderen Organisationen
vorzuschreiben, welche Strategie sie verfolgen sollen. Wir erklären
anderen warum Freie Software wichtig ist und ermutigen sie dazu selbst
zu denken und selbst zu handeln. Wir wollen keine Mitläufer, sondern
eigenständig kritisch denkende Unterstützer.

> > Welche Punkte meinst du genau? Hast du konkrete Fragen, die ich
> > beantworten kann? 
> 
> Die Theorien die das Ökonux-Projekt verbreitet [1] sind öffentlich
> einsehbar, wie steht die FSFE dazu? Oder ist die Frage zu schwer?
>
> siehe _z.B._:
> http://www.oekonux.de/einfuehrung/kladde/index.html 

Ja, die Frage ist nicht so einfach. Auf der Webseite steht ziemlich viel
und wenn ich hab nicht Zeit alles von der Webseite zu kommentieren. Des
Weiten verstehe ich manche Dinge nicht, weil es nur Stichpunktartig
aufgeschrieben ist. 

Hier ein paar Beispiele:

  Produktionsweise Freier Software

  Sehr wichtiges Charakteristikum
  - Geldfrei EntwicklerInnen finanzieren sich auf anderem Wege Ähnlich
    anderen Hobbies

Das ist kein gutes Argument, das es genauso kommerzielle Freie Software
gibt. Die FSFE ermutigt jeden mit Freier Software Geld zu verdienen.

  - Anstrengung erfolgt auf freiwilliger Grundlage
    - Notwendigkeit konkreter Problemlösungen
    - Selbstentfaltung der EntwicklerInnen Programmieren macht (manchen)
      Spaß Andere Tätigkeiten können ebenfalls der Selbstentfaltung
      dienen
  - Vielfältig selbstorganisiert in kleinen, unabhängigen Gruppen
  - International im Internet

Freie Software kann auch ganz regional entwickelt werden. Hier ist denke
ich wieder das Problem, dass Autoren Entwicklungs-, Geschäfts-, und
Softwaremodell vermischen (siehe Artikel oben).

Unter "Einfach und Doppelt Freie Software": Diese Unterscheidung ist
nicht hilfreich und wird von der FSFE nicht verwendet. Wir vermeiden es
auch von "Produzenten" zu sprechen (siehe dazu auch
<http://www.gnu.org/philosophy/words-to-avoid.html#Consumer>).

Unter "Freie Software und kommerzielle Einflüsse":

  Freie Software kann nur geldfrei entstehen

Freie Software entsteht auch für Geld und wie gesagt ermutigen und
helfen wir Freien-Software-Entwicklerninnen mit Freier Software Geld zu
verdienen.


Frag bitte, wenn du zu einer bestimmten Position eine Frage hast.

> > Ich sehe nicht, dass es zwei unterschiedliche Gemeinschaften gibt. 
> 
> Dann ist die Meinung der FSFE in diesem Punkt anders als die der FSF?
> Verstehe ich das richtig?

Richard hat in letzter Zeit soweit ich gesehen habe nicht mehr von zwei
unterschiedlichen Gemeinschaften gesprochen. Die FSFE hat dies nicht
gemacht. Freie Software und Open Source sind Begriffe für ein und die
selbe Sache. Wir verwenden den Begriff Freie Software
http://www.fsfe.org/campaigns/whyfs/whyfs.de.html, aber wir sehen Leute
die andere Begriffe verwenden nicht außerhalb unserer Gemeinschaft.

> Genau das ist nämlich das Problem der FSF, denn die Anhänger von
> OpenSource sehen sich allgemein nicht in Widerspruch zu freier
> Software, allein wollen sie freie Software am MARKT im REALEN
> WETTBEWERB verbreiten und reden deshalb von OpenSource, ganz ähnlich
> dem das es z.B. in DE üblich ist von "Gewinn" zu reden wenn man
> "Profit" meint, in anderen Ländern ist hingegen "Profit" kein
> 'Un-Wort'.

Die FSFE erklärt auch warum Freie Software für die Wirtschaft besser
ist, verwendet dafür aber den Begriff Freie Software (auf die Schnelle
als Beispiel
<http://www.fsfe.org/freesoftware/enterprise/freesoftwarecompany.en.html>,
<http://blogs.fsfe.org/mk/?p=349>, ...). Der Begriff Open Source erklärt
nicht, dass ich als unternehmer mehr Unternehmerische Freiheiten habe,
vom Begriff konzentriert er sich auf die Verfügbarkeit des Quellcodes.
Für ein Unternehmen sind aber wichtig, was ich damit machen darf, der
Quellcode ist nur eine Vorraussetzung dafür.

> Und wenn die FSF vor diesem Hintergrund dauernd andeutet das
> Verrtreter von OpenSource eigentlich den Begriff freier Software
> aufweichen wollen ist das schlicht nicht richtig.

Am Anfang war das Ziel, eine Marke anzumelden um sagen zu können "das
ist Open Source" "das ist kein Open Source". Das ist aber
fehlgeschlagen. 

Die FSFE empfiehlt, wie oben schon geschrieben, selbst zu denken.
Verwende entweder Freie Software oder Open Source, was du meinst, was
besser ist. Hatte ja ganz oben geschrieben, dass wir keine Strategien
vorschreiben wollen. Wenn jemand der Ansicht ist, dass es er mit dem
Begriff "Open Source" Freie Software besser erklären kann, dann soll er
das tun. Wir sind überzeugt, dass der Begriff "Freie Software" besser
ist.

> Wie ist es denn gewesen bei der, wirklich unschönen Extension-Kampage
> der FSF gegen OOo? [1] Da wurden genau Teile der FOSS-freundlichen
> Wirtschaft gebasht. Wie eigentlich steht die FSF zum Wettbewerb am
> Markt, wenn doch in solchen Kampagnen deutlich wird das man Wettbewerb
> fürchtet?

Ich kann nicht für die FSF sondern nur für die FSFE antworten. Aber
warum meinst du, dass die Kampagne zeigt, dass an Angst vor Wettbewerb
hat? 

Viele Grüße
Matthias

-- 
Matthias Kirschner - Deutschlandkoordinator, Fellowshipkoordinator
Free Software Foundation Europe (fsfe.org)
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