Schnitzer im "Dradio Wissen"-Beitrag

Michael Kesper mkesper at fsfe.org
Sa Aug 14 19:10:46 UTC 2010


Hallo,
> Das Interview fand ich sehr gut gelungen, allerdings ist mir ein grober
> Schnitzer aufgefallen. In dem Zeitabschnitt 2:45 bis 2:52 sagt Matthias:
> 
> | ... Es ist was, was sich entwickelt. Aber wir sehen heute schon den
> | Schaden, den freie Software anrichtet. Zum Beispiel dadurch, ...
> 
> Gemeint ist wohl eher der Schaden, den _proprietäre_ Software anrichtet. :-)

Jaja, ist schon aufgefallen.
Ich habe es mal transkribiert, dort habe ich es passend vermerkt.

Siehe Anhang.

Viele Grüße
Michael
-- 
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-------------- nächster Teil --------------
[0.00]
dradio: 

Wir haben heute morgen schon gehört, dass Nokia vor allem deswegen
keinen Fuß gegen Apples iPhone und die anderen Smartphones an den
Boden kriegt, weil die finnische Firma in Sachen Software keine
Vorreiterrolle einnimmt. Das passt zu der These, dass Software
eigentlich die wichtigste Kulturtechnik des 21. Jahrhunderts ist, die
unsere Gesellschaft ebenso geprägt hat wie auch das Lesen, Schreiben,
Rechnen, Ackerbau, Buchdruck und Rundfunk.  Das ist jedenfalls die
Meinung des Vereins Free Software Foundation Europe, der sich für die
Verbreitung Freier Software einsetzt. Ich bin jetzt verbunden mit
Matthias Kirschner, er ist Deutschlandkoordinator der - abgekürzt -
FSFE. Hallo Herr Kirschner!

[0.42]
Kirschner:
Guten Tag!

dradio: Herr Kirschner, Sie sagen: "Demokratie braucht Freie
Software!", aber in der Realität ist ja noch nicht allzu viel davon zu
merken, oder?

[0.49.8] Kirschner: Naja, also die These leitet sich ja davon ab, dass
wenn ich jetzt den Hörern die Software abschalten kann, habe ich
dadurch sehr viel Macht. Und in modernen Demokratien verteilen wir die
Macht, also in Exekutive, Legislative, Judikative und wir verteilen
auch die Macht zwischen verschiedenen Ebenen wie Bund, Länder und
Kommunen, und dadurch, dass Software allgegenwärtig ist, nicht nur in
unseren Computern, in unseren Laptops, sondern eben auch in ganz
vielen anderen Geräten, Mobiltelefone, Kühlschränke, Aufzüge, Züge,
dadurch müssen wir gewährleisten, dass die Kontrolle über so ein
zentrales Werkzeug wie jetzt im Vergleich auch Lesen, Schreiben,
Rechnen nicht bei einigen Wenigen liegt, sondern dass die Kontrolle
darüber verteilt ist, auf viele Leute sich verteilt.

[1.36.8] dradio: Aber findet man denn irgendwo im Moment an solchen
Stellen, wie Sie sie gerade genannt haben Freie Software?

[1.43] Kirschner: Ja. Also heute - kein Unternehmen kommt heute mehr
ohne Freie Software aus, in jedem Unternehmen finde ich Freie
Software. Das fängt an mit z.B., dass ich die Dateifreigabe damit
regle, dass ich die Druckerfreigabe damit regle, wenn ich weitergehe,
das ganze Internet ist aufgebaut mit Freier Software, also die
Umsetzung von, wenn ich eine URL eingebe wie dradio.de, dass ich dann
auf dem richtigen Rechner lande, das passiert mit Freier
Software. Firewalls, heute auch, wir haben ja gerade das Beispiel
genannt, Nokia Mobiltelefone, Android ist mit Freier Software
umgesetzt worden, Nokia hat das alte Betriebssystem, das Symbian,
jetzt veröffentlicht und macht auch das neue Betriebssystem mit
GNU/Linux.

[2.25] dradio: Das klingt ja so, als hätte sich das eigentlich schon
ganz gut durchgesetzt, stellt sich doch auch die Frage, warum schadet
es der Demokratie, wenn alles mit Windows läuft?

[2.34] Kirschner: Na, wie würde es der Demokratie schaden, wenn wir
keine Pressefreiheit hätten und wir nur einen Radiosender zum Beispiel
hätten?

[2.40] dradio: Mhm.

Kirschner: Es ist jetzt nicht gleich ne akute Bedrohung, die sofort
entsteht, es ist was, was sich entwickelt. Aber wir sehen heute schon
den Schaden, den Freie Software [gemeint war: proprietäre Software]
anrichtet, z.B. dadurch, also, die Regierungen haben dadurch nicht die
Kontrolle über ihre eigenen Computer und über ihre eigenen Prozesse.

[3.01] dradio: Sondern die Unternehmen, die die Software angeboten
haben.

Kirschner: Die Unternehmen, die die Software geschrieben haben können
dadurch beeinflussen, was kann der Anwender mit der Software machen
und kann mich dadurch beeinflussen.

[3.13] dradio: Haben Sie denn da ein konkretes Beispiel für, wo sowas
tatsächlich schon ein Problem dargestellt hat oder darstellt?

[3.18] Kirschner: Zum Beispiel Island hatte vor längerer Zeit die
Übersetzungen in isländisch bezahlt für das Microsoft Windows
Betriebssystem und das war dann in der einen Version drin und in der
nächsten Version ist es rausgefallen, also da waren die Übersetzungen
nicht mehr drin und Microsoft hat dann gesagt, dass sie nicht für das
Geld diese Übersetzung wieder einbinden können und Island konnte,
dadurch, dass sie selber nicht Änderungen machen dürfen bei der
Software, weil das ist ja, was unfreie Software nicht erlaubt, konnten
sie nicht jemand anderen beauftragen, sondern sie sind auf einen
einzigen Hersteller angewiesen. Der, von dem sie die Software bezogen
haben. Bei FS ist es so, dass die Software mir erlaubt, dass ich die
für jedden Zweck verwende, dass ich die Funktionsweise verstehen kann,
dass ich sie weiter verbreiten kann und weiter verbessern kann. Dann
hätte ich mir als Regierung einen anderen Auftragnehmer nehmen können
und mir die Software in isländisch z.B. übersetzen lassen können.

[4.22] dradio: Das heißt, man braucht da aber auch, wenn man mit FS
arbeitet, immer Experten, die sich damit gut auskennen, weil mir kommt
jetzt in diesem Zusammenhang in den Kopf, dass ich irgendwann, vor
zwei Jahren, glaube ich, wollte ich mal mein Uralt-Betriebssystem
erneuern und hatte auch mit dem Gedanken gespielt, mich auf Linux
einzulassen und dann rieten mir aber alle davon ab, weil sie eben
meinten, dafür müsse man schon verstehen, was Programmieren und so
angeht und dass dann vielleicht auch nicht alle Programme darauf
laufen. Also dieses Problem hätte man aber nicht, wenn man sozusagen
großflächig die Freie Software in Behörden oder so einsetzen würde,
weil es da immer konkretes Fachpersonal gibt.

[4.59] Kirschner: Also erstmal: Freie Software wird heute schon in der
öffentlichen Verwaltung eingesetzt, z.B. die Stadt München setzt
komplett Freie Software ein, es ist ... das größte Problem für Freie
Software ist im Moment mit für die Privatperson, dass ich es nicht
vorinstalliert bekomme.

dradio: Mhm.

Kirschner: Also die ... Wenn ich heute in einen Laden gehe und mir
einen Computer kaufe, dann ist auf dem Computer meistens Microsoft
Windows installiert oder in manchen Fällen noch Apple, das
Apple-Betriebssystem und dadurch kommt schonmal die erste Hürde für
eine Privatperson, dass ich mir Software selbst installieren muss.

dradio: Mhm.

[5.34] Kirschner: Und das ist natürlich erstmal komplizierter, als
wenn die Software einfach drauf läuft und ich meinen Browser aufmache,
mein Emailprogramm aufmache und es einfach nur bediene.

[5.43] dradio: Ja, man muss sich ein bisschen mehr auskennen.

Kirschner: Ja, man muss sich am Anfang erst mal ein bisschen mehr auskennen.

[5.47] dradio: Wie ist es denn jetzt, also es klingt ja schon so, als
sei es recht weit verbreitet mit der FS, aber trotzdem, die Free
Software Foundation Europe setzt sich ja dafür ein, dass es noch viel
weiter sich verbreitet. Wie arbeiten Sie denn, um dieses Ziel zu
erreichen?

[6.02] Kirschner: Also wir sind ja ein europäischer Verein, wir haben
in den unterschiedlichen Ländern in Europa dann wieder Ländergruppen,
die sich dort um die einzelnen Länder kümmern. Wir haben übergeordnet
wieder in anderen Kontinenten wie zB Nordamerika, Lateinamerika und
Indien Schwesterorganisationen, die sich dort in dem kulturellen
Kontext darum bemühen, Freie Software weiter zu bringen und wir machen
ganz konkret Aufklärungsarbeit "Was ist FS", wir geben Vorträge, wir
reden mit Leuten, wir gehen auf Veranstaltungen, dann geben ... wir
sprechen mit Politikern über FS, wir unterstützen FS-Entwickler, dass
weiter FS entsteht, sprechen dort mit den Unternehmen, versuchen die
Probleme von FS-Unternehmen zu lösen, damit es für den Anwender mehr
Freie Software gibt, wir sprechen mit anderen Unternehmnen, die
Software einsetzen, welche strategischen Vorteile es für sie hat,
Freie Software einzusetzen, dass ich dadurch meine Prozesse schneller
ändern kann, dass ich besser darauf reagieren kann, was in meinem
Unternehmen passiert und die Software nicht mich beeinträchtigt in
meinen Handlungen.

[7.09] dradio: Haben Sie denn schon Erfolge zu verzeichnen?

Kirschner: Ja, auf jeden Fall! Also, einmal, wir sprechen jetzt über
FS.

dradio: Mhm.

Kirschner: Politiker sprechen viel mehr über Freie Software als das
füher so war. Wenn Sie früher zu einem Politiker gekommen sind und
wollten mit dem über Freie Software sprechen, dann hat er erstmal das
abgetan und gemeint, ja, das ist ja kostenlose Software. Wir haben
letztes Jahr eine Kampagne zur Bundestagswahl gemacht und haben dort
Politiker befragt zu FS, wie sie das umsetzen wollen. In den meisten
Parteiprogrammen finden wir jetzt Ziele drin, dass Freie Software
gefördert werden soll und die Politiker sind heute viel mehr
sensibilisiert, fallen auch nicht mehr in die alten Missverständnisse
zurück, dass Freie Software kostenlos ist, dass ich damit kein Geld
verdienen kann und solche Sachen, sondern haben sehr viel
informiertere Argumentationen. Daneben kommt dann eben auch
Anerkennung, wir haben dieses Jahr die Theodor-Heuss-Medaille bekommen
für unsere Arbeit und unser ehemaliger Präsident hat das
Bundestverdienstkreuz bekommen und, wie am Anfang auch schon gesagt,
immer mehr Unternehmen setzen Freie Software ein und immer mehr
Unternehmen verdienen mit Freie Software Geld.

[8.20] dradio: Demokratie braucht FS, weil Software eines der
zentralen Werkzeuge unserer modernen Gesellschaft ist und wir die
Kontrolle darüber behalten sollten. Darüber sprach ich mit Matthias
Kirschner von der Free Software Foundation Europe. Vielen Dank dafür!
-------------- nächster Teil --------------
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