Freie Lizenzen bei Nicht-Software (was: Freiheit bei anderen Werken)

Volker Grabsch vog at notjusthosting.com
Do Apr 22 18:14:31 UTC 2010


Bernhard Reiter <reiter at fsfeurope.org> schrieb:
> Am Freitag, 16. April 2010 02:13:59 schrieb Volker Grabsch:
> > Johannes Näder <johannesnaeder at gawab.com> schrieb:
> > > >  Druck oder Zwang in Richtung diesen oder jenen 
> > > Publikationsmodells schränken die Kunstfreiheit ein. Mehr noch: Sie
> > > ersetzen (im Extremfall) das Konzept des individuellen Werks durch das
> > > des kollektiven Samples
> >
> > Ohne Massenmedien-Monopol wäre das überhaupt kein Problem. Selbst
> > wenn nur eine Minderheit das ursprüngliche Werk zu schätzen weiß,
> > und die "Masse" auf Remixe abfährt, dann wird das ursprüngliche
> > Werk doch nicht "verdrängt". Es ist nach wie vor genauso verfügbar.
> 
> Aufmerksamkeit ist auch in Zeiten des Internet ein wichtiges Gut, bestimmte 
> Werke werden überhaupt nicht mehr gefunden, wenn die 
> Informations-bündel-Organisation sie nicht an die ersten Stellen schieben.

Nun gut, aber das kann man in einer Lizenz doch regeln.

Eine mögliche (wenn auch "unschöne") Methode wäre z.B., einen Text
unter FDL zu stellen, mit einer sehr kleinen "Invariant Section",
die auf die URL der Originalversion verweist.

Oder die Lizenz verlangt direkt einen seinen Verweis. BTW, ich dachte,
sowas in der Art wäre eh in den freien Lizenzen verlangt, immerhin soll
das abgewandelte Werk ja deutlich als Variation gekennzeichnet werden.

> > Außerdem: Einen Remix weiß man i.d.R. erst dann wirklich zu genießen,
> > wenn man die Einzelstücke vorher kennt. Ich sehe da keinen Widerspruch.
> 
> Viele Werke möchte ich nur einmal geniessen und die Wirkung entfaltet sich 
> dann auch nur da. Ich schaue mir nur sehr selten verscheidene Versionen oder 
> Neu-Kollagen eines Werkes an. Zitate, Referenzen, Anspielungen - ja 
> natürlich - aber die sind ja jetzt auch schon ganz gut erlaubt.

Wenn ich auf eine Variante aufmerksam werde, gehe ich meistens auch
zur Quelle. Zumindest schaue ich sie mir kurz an. Solange dieser
Pfad vorhanden ist, sehe ich da kein Problem.

Im Gegenteil: Wenn ein Werk von der Masse verkannt wird, dann ist
doch immer noch mehr gewonnen, wenn die Leute zumindest über einen
Remix bzw. eine Neuauflage wieder darauf aufmerksam werden.

> > Ich meine, weder die FSF noch die FSFE können konkrete Listen von
> > erprobten, bewährten Geschäftsmodellen mit Freier Software vorweisen.
> 
> Ähm doch (sagt der Geschäftsführer eines 10 jährigen Unternehmens, welches 
> sein ausschliesslich Geld mit Freier Software verdient hat.)
> Das Haupt-Geschäftsmodell heisst: Dienstleistung in verschiedenen Varianten.

Okay, das gibt es auch noch. Aber das ist sehr schwammig. Man baut
irgendwie an einer Software und bietet irgendwelche Dienstleistungen
an. Es gibt sicher genug Leute, die bei diesem Versuch auf die Nase
gefallen sind. Es ist deutlich schwieriger umzusetzen als beispiels-
weise das Doppellizensierungs-Modell.

Damit will ich nicht sagen, dass diese Methode schlecht ist, sondern
lediglich, dass sie noch niemand in Form eines ausgefertigten Konzeptes
hingeschrieben hat. Was für Arten Dienstleistungen sind sinnvoll?
Welche sollte man sich verkneifen? Wieviel sollte man "für lau" in
die Software stecken, für welche Verbesserungen sollte man auf eine
Finanzierung durch die Kunden warten?

Ich bin mir ziemlich sicher, dass erfahrene Leute darüber sowas wie
ein "Best Practices" verfassen könnten. Aber hat das schonmal jemand
getan?

Insbesondere bleibt meine Frage bestehen, ob die FSF oder FSFE eine
solche Ausarbeitung jemals niedergeschrieben haben.

> > Die allermeisten Unternehmen, die sich im Bereich der Freien Software
> > engagieren, haben ihr Haupt-Einkommen immer noch im proprietären
> > Bereich.
> 
> Ja, das stimmt. Liegt aber auch sehr stark an den Kunden, welche keine 
> besseren Leistungen (also Freie Software) einfordern. 

Kommt drauf an. Handelt es sich um Spezialanfertigungen, so verlangen
die Kunden nicht selten die gesamten Verwertungsrechte an der Software,
oder zumindest ein sehr umfassendes Nutzungsrecht. In dem Fall hat der
Kunde sogar deutlich mehr Rechte, als sie ihm beispielsweise die GPL
verleihen würde.

> > Das beste Geschäftsmodellen, was wir kennen, ist das Doppellizensierungs-
> > Modell, und selbst das ist noch lange nicht perfektioniert, wie z.B.
> > die Probleme der ExtJS-Bibliothek oder die der MySQL-Datenbank zeigen.
> 
> Das was MySQL gemacht hat, ist ein proprietäre Geschäftsmodell. Das ist bei 
> praktisch jeder Doppellizensierung der Fall, bei welcher eine Lizenz 
> proprietär ist. Insofern würde ich das als FSFE nicht als Geschäftsmodell für 
> Freie Software anerkennen.

Interessanter Punkt. Auch hier würden mich entsprechende offizielle
Dokumente der FSF oder FSFE interessieren. Gibt es da was?


Gruß,

    Volker

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