Wie definieren wir "freie Webservices"?

Bernhard Reiter reiter at fsfeurope.org
Fr Feb 13 07:43:56 UTC 2009


Moin,

On Donnerstag, 12. Februar 2009, micu wrote:
> > Und die eigentliche Frage, die sich uns jetzt meiner Meinung nach stellt,
> > ist: Wie können wir das Konzept der freien Software auf die Welt des "Web
> > 2.0" erweitern, also wie wollen wir freie Webservices definieren? 

eine gute Frage.
Für mich persönlich ist klar, dass es hier um ethische Leitlinien für 
Dienstleister geht, professionelle und andere. Es wird also viel schwieriger 
das gut abzugrenzen, als die Lizenzlage bei einem Stück Software.

> > Was 
> > brauchen wir an Grundvorraussetzungen, um in einer vernetzten Welt der 
> > Webservices ein ähnliches Maß an Freiheit zu haben, das uns freie
> > Software auf unserem Rechner bietet? Ich denke, es sollte klar sein, dass
> > dieser Fragestellung deutlich über die Schließung des "ASP Loophole"
> > hinausgeht (das Problem wird mit der Affero General Public License ja
> > meiner Meinung nach recht gut erschlagen): Es geht ja nicht nur darum,
> > dass die Software, die jemand als Dienst im Netz anbietet, wieder
> > freigegeben wird, sondern vielmehr darum, dass ich wirklich in
> > irgendeiner Form sicher kontrollieren kann, was das für eine Software
> > ist, die ich da über das Netz nutze, und was diese Software mit meinen
> > Daten macht --- und was nicht. Also ziemlich genau das, was mir freie
> > Software auf meinen lokalen Rechner ermöglicht.

Meine persönlicher Gedankenstand:

Ein Hauptpunkt scheint mir die Vielfalt des Angebots zu sein, 
inklusive leichter Wechselmöglichkeiten. Sprich die Grundangebote müssen so 
standardisiert sein, dass Wechsel und Wettbewerb möglich sind.
Die Vielfalt kommt aus der Anzahl von Anbietern, auf die ich meine 
persönlichen IT-Bedürfnisse verlagern kann.
 
Ein Suchmachinenanbieter bemühte hier mal das Bild der Bank, welcher die 
meisten Leute ja lieber das Geld anvertrauen würden, weil es dort sicherer 
als zuhause sei. Mit der Bankenkrise kommt sicherlich auch eine 
Suchmachinenanbieterkrise, insofern passt das Bild ((: ) aber es läßt auch 
zwei Dinge aus: Das Wechsel einer Bank ist leicht möglich, das Grundangebot 
der Banken ist reglementiert und rückversichert. Bei den 
Ich-biete-alles-an-und-meine-Suchemaschine ist das nicht der Fall, sie 
versuchen das einzige Portal zu sein und ändern gern so viel, dass die 
Lernkurve fürs Wechsel immer höher wird. Einen anständigen 
Datenübertragunsweg, welcher auch die Dienste auf die jeweils vergleichbaren 
Dienste abbildet gibt es in der Regel nicht.

Persönlich sehe ich noch einen weitern Punkt, und der ist politisch und 
gesellschaftlich brisant: Damit das Verteilen auf Anbieter funktioneren kann, 
bräuchte ich Freiheit der Wahl der Identität, sprich mehrere Pseudonyme.
Das ist politisch brisant, weil hier immer Sicherheit mit der eindeutigen 
Identifikation einer Person gedacht wird. Dabei wäre es durchaus möglich 
Geschäftssicherheit für verschiedene Transaktionen anonym zu bekommen.
Wenn ich allerdings nicht anonym einkaufen kann, weil das Angebot fehlt, 
bin ich wieder in meine eine Identität gezwungen. Und an die muss ich dann
alle meine Eigenschaften hängen, sprich ich kann eigentlich keine verbergen.

Allgemein glaube ich nicht, dass professionelle Dienstleister hier die Masse 
des Angebot stellen werden. Und manche Netzdienste sind einfach unschlagbar 
gut. Wenn jemand die Kontrolle behalten möchte, dann sollte er auf seinen 
persönlichen Endgeräten die Daten zusammenführen und viele Dienstleister 
nützen.

Gruß,
Bernhard

-- 
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