Demokratie und Freie Software (war: [OT] heise-Forum)

Bernhard Reiter reiter at fsfeurope.org
Mi Feb 4 08:08:56 UTC 2009


On Dienstag, 3. Februar 2009, micu wrote:
> http://www.heise.de/newsticker/foren/S-Re-FOSS/forum-151570/msg-16241430/re
>ad/
>
> Mag sich jemand dazu äußern? Mir fällt dazu momentan nichts Kluges ein.

3. Februar 2009 14:47 Re: FOSS 
K3  (mehr als 1000 Beiträge seit 05.04.01) schrieb:

| Open Source hat mit Demokratie und Freiheit herzlich
| wenig zu tun. Auch wenn Stallman das schon ewig so predigt.

Freie Software (das ist was "Open Source" bezüglich einer Software konkret
bedeutet) hat für mich viel mit Freiheit und Demokratie zu tun.
 
| Totalitäre Staaten haben ja wenig Hemmungen, Linux in ihren
| Verwaltungen einzusetzen, 

Selbstverständlich kann eine Technologie in verschiedenster Hinsicht 
eingesetzt werden. Das gilt zum Beispiel auch für ein Messer. 
Der Einsatz von GNU/Linux ist tatsächlich unabhängig von 
Wirtschaftssystem und Gesellschaftssystem möglich.
Jede Technologie bringt in sich und der häufigen Nutzung durchaus Muster 
und gesellschaftliche Auswirkungen mit. Was ich wie schreiben, erstellen und 
veröffentlichen kann, hat viel mit der zur Vefügung stehenden Technologie zu 
tun.

Nehmen wir als Beispiel das Mobiltelefon, was in manchen afrikanischen Wahlen
zu einer Art "Peer-To-Peer-Überprüfung" der Ergebnisse geführt hat.

Bei Software ist endscheidend die Alternativen zu bewerten. Demokratie lebt 
zum Beispiel von der Kontrolle der Mächtigen, dazu gehört die Presse und 
das Verständnis der Werkzeuge.

| also bringt Open Source hier wohl 
| keine große Umsturzgefahr mit sich.

Die Chance für mehr Personen die Werkzeuge zu verstehen ist größer.
Damit steigt auch die Chance, dass sich diese Personen gegen Ungerechtigkeiten 
wehren. Natürlich ist der Einsatz von Freie Software nicht genug, eine 
Gesellschaft umzukrempeln, dazu muss mehr zusammenkommen. 

| Demokratie und Freiheit hängen nicht davon ab, ob ich an
| die Quelltexte von Kernel und Office komme.

Doch, diese Freiheiten ermöglichen mehr Menschen die als 
Herrschaftstechnologie einsetzbaren Werkzeuge zu verstehen, zu hinterfragen 
und selbst zu Nutzen.

Eine Argumentation dafür siehe:
http://de.wikipedia.org/wiki/Code_and_Other_Laws_of_Cyberspace  
 
| Sondern ob ich bspw. in die Informationen von Behörden Einblick
| bekomme,

Wikis könnten beim gemeinsamen Sammeln von Infos helfen...

| ob ich meine Meinung öffentlich äußern darf,

Anonyme Veröffentlichungen sind übers Internet leichter...
(Nicht umsonst haben China, Scientology und Deutschlands Zensoren damit ein 
Problem.)

| oder ob ich  
| bspw. dem Treiben von Datensammlern wie Google (für diesen
| Anwendungsfall gibt es übrigens keine freie Alternative)

Peer-To-Peer Suchmachinen?
http://de.wikipedia.org/wiki/Yacy

| oder gar dem Staat ausgeliefert bin.

Mailinglisten zum Versammeln von Gleichgesinnten? 
OpenPGP zum vertraulichen Kommunizieren 
ohne dem Staat das Abhören zu leicht zu machen.
 
| Das hat mit Open Source nicht viel zu tun.

Technologie ist nicht völlig neutral. Viele Beispiele zeugen, dass Software 
für die Gesellschaft eine große Rolle spielt. Freie Software gibt uns mehr 
Möglichkeiten den Einsatz zu hinterfragen und mitzuprägen.
Das wird immer wichtiger, wenn eine Demokratie lebendig sein soll.

Gruß,
Bernhard

-- 
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