Microsoft, FSF und mehr (war: Samba infiziert?)

Florian Weimer fw at deneb.enyo.de
Sa Mär 8 12:44:13 UTC 2008


* Bernhard Reiter:

>> Ja, aber die Durchsetzung der Rechte des Patentinhabers skaliert nicht
>> so, daß das in der Breite funktioniert. Das hilft nur als Druckmittel
>> gegen einen einzigen Vorlieferanten, der für die Patentverletzung der
>> Endnutzer haftet.
>
> Das sehe ich anders. Die GIF Geschichte zeigt Einiges. Dort nun ein
> Patent, welches praktsich unumgänglich ist und der Schaden wäre in der
> Breite hoch.

Das lag auch an der Reaktion. 8-)

Bei MP3- und OGG-Streams ist die Situation eigentlich die gleiche, aber
dort wird der Ball schön niedrig gehalten, und bei OGG entfernt auch
niemand den Code aus der Distribution.

> Alles, was ich über reale Fälle gehört habe, lassen sich
> Software-Patent zum Schaden der gesamten (freien und unfreien)
> Software-Welt einsetzen.
>
> Nett illustiert dies übrigens:
> http://lpf.ai.mit.edu/Patents/industry-at-risk.html

Patente waren damals aber Stacs einzige Chance zu verhindern, das
Microsoft durch die bloße Auslieferung eines ähnlichen Produkts zusammen
mit dem Betriebssystem den Markt für Online-Kompressionssoftware
komplett tötet.

Nach neuerer Lesart hätten sie das Produkt aber auch ohne Patent gar
nicht ausliefern dürfen, weil das einen Mißbrauch ihrer Marktmacht
dargestellt hätte. 

Mir ist aber klar, daß Stac vs Microsoft nur ein Beispiel ist. Daß
Softwarepatente sich von der Innovation im Softwaremarkt längst
abgekoppelt haben, ist kaum zu bestreiten.

> Klar, denn die Freiheit der Unternehmen mit oder ohne Abkommen
> ist dann erstmal reduziert. Es kann eigentlich nicht sein, dass jeder 
> Entwickler praktisch Mitglied in einem Patent"verein" werden muss und darüber 
> so Dinge wie eine Microsoft- oder IBM-Steuer abgewickelt werden.

<http://gcc.gnu.org/ml/gcc/2005-01/msg00179.html>, am Ende. Leider
erfährt man davon nur etwas, wenn es auf Mailinglisten wie dieser leckt,
ansonsten sind diese -- durchaus gutzuheißenden -- Aktivitäten nicht
öffentlich, scheint mir.

>> Für Red Hat gab's wohl auch ein derartiges Angebot.
>
> Die und Canonical wollten diese unberechtigen Steuern bisher nicht
> zahlen - finde ich gut.

Wer sagt denn, daß das finanziell nicht für sie attraktiv gewesen wäre?

> Proprietäre Software ärgert mich schon sehr, aber es sind auch die
> Kunden, welche das den Unternehmen durchgehen lassen und nicht nur
> Microsoft.

Mir bereitet eher die Software-lose Zukunft große Sorgen: Daß wir
täglich Anwendungen einsetzen, die so große Datenbestände benötigen, daß
wir sie gar nicht mehr lokal auf unserem Allzweckrechner ausführen
können.

Die proprietäre Fraktion bearbeitet wenigstens noch denselben Markt,
wenn auch am anderen Ende. Prinzipiell gibt es also auch eine
Möglichkeit zur Zusammenarbeit.

> Teilweise ist das Verhalten von Microsoft im Wettbewerb schon übel,
> was die EU-Kommission ja auch von dem EU Gericht anerkannt belegt hat.

Hast Du einen Verweis auf die Entscheidung und ihre Begründung? Mich als
Debian-Entwickler interessiert natürlich insbesondere, ob der Teil, der
sich auf den Opera-Browser bezieht, auch für Debian gilt.

>> Ich verstehe zwar, daß die Geldgeber der FSF ihr 
>> Managed-Services-Geschäft absichern wollen, aber das ging m.E. zu weit
>> (weil es sich auch auf den CPE-Fall erstreckt, der die GPL-Pflichten
>> nach sich ziehen sollte).
>
> Welche Klausel meinst Du? Ich denke nicht, dass die FSF irgendwie
> Geschäft absichern wollte - Stallman ist moralisch integer.

Ich habe nicht gesagt, daß die FSF hier willentlich einseitig Interessen
bestimmter Unternehmen bevorzugt hätte (ich glaube auch nicht, daß das
mittelbar die Verbreitung der AGPL fördern soll). Es ist nur etwas
seltsam, das diese Klausel

| You may convey covered works to others for the sole purpose of having
| them make modifications exclusively for you, or provide you with
| facilities for running those works, provided that you comply with the
| terms of this License in conveying all material for which you do not
| control copyright.  Those thus making or running the covered works for
| you must do so exclusively on your behalf, under your direction and
| control, on terms that prohibit them from making any copies of your
| copyrighted material outside their relationship with you.

so spät im GPLv3-Prozeß aufgetaucht ist. Auf der anderen Seite stellt
das nur klar, was mit der GPLv2 schon immer praktiziert wurde.

>> Und dann ist noch das massive Eintreten der FSF für Interface-Copyright
>> zu nennen. Als es um Apple & Co. und deren GUI ging, war es noch der
>> Weltuntergang. Wenn es aber um noch weitaus schwieriger abzuwandelnde
>> technische Schnittstellen geht, soll jetzt bitteschön das U.S.-Copyright
>> ganz erheblich ausgeweitet werden (so daß der bloße Verweis auf ein
>> geschütztes Werk dazu führt, daß das eigene zu einer Bearbeitung wird).
>
> Kannst Du mir hier auch schreiben, worauf Du Dich beziehst?

<http://www.fsf.org/licensing/licenses/lgpl-java.html>

Übertragen auf die GPL bedeutet dies, daß wenn in meinem Program ein
"import org.gnu.readline.*" auftaucht, ich es unter der GPL verteilen
muß.

Oder auch: <http://www.fsf.org/licensing/licenses/gpl-faq.html#GPLWrapper>

Es ist schon klar, daß das für das Copyleft bei einigen Programmen
notwendig ist. Die FSF tritt aber an der Stelle für eine deutliche
Ausdehnung von Urheberrechten auf Computerprogramme ein und droht damit,
die ursprünglichen Ziele aus dem Blick zu verlieren. Es führt auch dazu,
daß bestimmte Funktionalität in die GNU-Flagschiffe nicht eingebaut wird
(lange Zeit fiel die Serialisierung von ASTs aus GCC z.B. darunter, weil
man befürchtete, daß proprietäre Werkzeuge diese Ausgabe verwenden
könnten, um auf GCC aufzusetzen).





Mehr Informationen über die Mailingliste FSFE-de