Wasserzeichen statt DRM?

Matthias-Christian Ott ott at enolink.de
Fr Nov 30 22:36:22 UTC 2007


Adrian Bunk <bunk at stusta.de> wrote:

> On Fri, Nov 30, 2007 at 08:21:52PM +0100, Matthias-Christian Ott wrote:
> > Bernhard Reiter <reiter at fsfeurope.org> wrote:
> >...
> > > > Das eigentliche Problem ist doch, dass sich unsere Welt verändert
> > > > hat. Durch die Digitaltechnik sind heute Wissen, Information,
> > > > Musik,... kein knappes Gut mehr sondern für jeden überall und jederzeit
> > > > abrufbar. Die Industrie versucht mit verschiedenen Mitteln diese
> > > > Knappheit künstlich wieder herzustellen. Das kann in meinen Augen aber
> > > > nicht funktionieren, man kann die Zeit nicht zurück drehen.
> > >
> > > So argumentiert auch Volker Grassmuck und - wenn ich mich richtig entsinne - 
> > > Lawrence Lessig, es wirft uns aber vor ein großes Problem,
> > > was Adrian klar aufgezeigt hat: 
> > > Irgendwie müssen die Produktionskosten wieder hereinkommen.
> > 
> > Ich finde die Modelle, die Richard Stallman in "Copyright vs. Community"
> > aufzeigt, sehr gut.
> > 
> > Das eine basiert auf freiwilligen Spenden. Stallman rechnet vor, dass
> > die Interpreten nur ein paar Prozent vom Gewinn bekommen und dass,
> > wenn jeder nur 1$ an den Interpreten spendet, der Interpret viel mehr
> > davon hat. Ich finde das eine wirklich gute Lösung. Die Leute spenden
> > und bezahlen für die Konzerte. Das hört sich fair an.
> > Einziger Nachteil: Die Musikindustrie wird arbeitslos und es gibt keine
> > Superstars mehr. Traurig, oder?
> > Man lösst also mehrere Probleme gleichzeitig und verbessert unsere
> > Gesellschaft.
>
> "freiwillige Spenden" und "wenn jeder nur" passen leider nicht zusammen.

Wenn du meinst, ich fand die Idee eigentlich für die jetzige Situation
überzeugend.
Aber wenn man es nicht mal versucht; vielleicht verändert sich dann ja
auch das Bewusstsein der Menschen, denn das wird ja auch wieder durch
ihre Umgebung und Gesellschaft beeinflusst. Sicherlich passiert das
nicht über Nacht.

> Wenn man von Publicity-trächtigen Aktionen wie derzeit von Radiohead 
> absieht sehe ich da schwarz - wieviel Prozent der Leute in unserer
> "Geiz ist Geil"-Gesellschaft wuerden denn wirklich regelmässig freiwillig 
> zahlen?

Wer hat denen denn Geiz ist Geil eingetrichtert? Genau die Leute, die
auch z.B. zusammen mit der Musikindustrie verdienen.
Aber durch Spenden gibt man ja das gleiche Geld aus, nur die
Musikindustrie steckt sich nicht das meiste ein.

> Schau dir nur einmal an welche Probleme Wikipedia hat sich ueber Spenden 
> zu finanzieren [1].

Das liegt am negativen Image von Wikipedia und der Unwissenheit vieler
Menschen. Wenn die Leute von Wikipedia überzeugt wären, würden sie
auch spenden. Über Wikipedia kursiert einfach zu viel FUD.

> > > Selbst für Freie Software ist das nicht selbstverständlich
> > > und wir sind immer noch auf der Suche nach tragfähigen Finanzierungsmodellen
> > > in der breiten Masse.
> > >
> > > Wer also sagt: Alles muss kostenlos kopierbar sein, der muss aus meiner Sicht 
> > > auch bereit sein, die Arbeitsleistung zu entlohnen.
> > 
> > Ich denke, dass die Leute dass schon merken würden, wenn die Interpreten
> > alle nicht mehr singen, weil sie von Harz-IV leben müssen.
> > Künstler sollte man auch nicht aufgrund des Geldes werden, sondern
> > wegen der Kunst.
> >...
>
> Aber auch ein Kuenstler muss von irgendetwas leben.

Sicher, hat ja auch niemand behauptet, aber einen mehrere Millionen
schweren Vertrag brauchen auch die nicht.

> Und der Musikbereich ist noch ein harmloses Beispiel - weil die Leute 
> gewohnt sind das Musik Geld kostet und es ueber Konzerte etc. noch 
> halbwegs realistische andere Einnahmequellen gibt.

Eben und wir reden hier nun mal über Wasserzeichen in z.B. Musik.

> Auch wuerden fuer das Anhören eines Musikalbums ein paar Leute noch 
> freiwillig Geld zahlen, aber wieviele Leute denken zum Beispiel daran 
> dass auch Fotografien Geld kosten und viele Fotografen von dem 
> Urheberrecht auf Ihren Fotografien Ihren Lebensunterhalt verdienen?

Selbst mit totalitärem Urheberrecht haben die Photographen es heute
schwer. Das ist eher ein Problem der Branche.

> Lies dir einmal den Wikipediaartikel zu Magnum Photos [2] mit diesem 
> Gedanken im Hinterkopf durch.
>
> Schau dir an was Eddie Adams [3] und Huỳnh Công Út [4] an Fotos gemacht 
> haben. Die Fotos hast du vielleicht schon einmal gesehen, und vielleicht 
> sind dir auch die politischen Auswirkungen die diese Fotos hatten 
> bewusst. Bedenke dass es ohne Urheberrecht AP nicht geben wuerde.

Schön, sicher sind diese Bilder einflussreich gewesen, aber anhand
einzelner Beispiele kann man doch nichts über das Urheberrecht aussagen.

Man muss das idealistisch sehen, du kannst nicht vom heutigen Standpunkt
aus beurteilen, was Ideen bewirken. Sie verändern unsere Wirklichkeit,
Gesellschaft und damit auch Wirtschaft. Somit sehe ich da keine
Probleme. Doch der Weg ist lang und es gibt viele Leute zu überzeugen.

Denn so ist GNU, die GNU GPL und die ganze Bewegung für freie Software
entstanden. Es gibt da eigentlich kaum Unterschiede.

Ich denke, wenn man das schafft, hat man etwas richtiges für Kultur
und Gesellschaft getan.

Aber auf das konkrete Beispiel Wasserzeichen bezogen (wir schwenken ja
ein bisschen ab), denke ich, dass es sehr gut möglich ist, hier schnell
und akzeptabel Veränderung zu schaffen. Denn die ist wirklich notwendig.

Mit freundlichen Grüßen
Matthias-Christian





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