Freie Software Nachbarschaftshilfe

Andreas K. Foerster list at AKFoerster.de
Mi Mär 7 17:47:57 UTC 2007


Am Mittwoch, dem 07. Mär 2007 schrieb virtualoffice at gmx.org:

> > > Aber es muss eben auch noch über das Linux System hinausgehen... 
> > > Linux ist sehr wichtig, aber es gibt natürlich noch ganz viel andere
> > freie Software.
> > 
> > Sicher. Ich denke aber GNU/Linux ist immer noch wesentlich 
> > anfängerfreundlicher, als die meisten anderen freien Systeme.
> > 
> > Oder meinst du Freie Software für unfreie Systeme?
> > Nun, das ist ein sehr zweischneidiges Schwert! 
> 
> 
> Da hattest du mich ein bisschen Missverstanden :) Ich meine vor allem 
> all die viele freie Software, die für GNU/Linux erhältlich ist. 
> Hier muss man ja auch erstmal in der Tiefe durchblicken, um Nachbarn 
> helfen zu können...

Oha, gut.
Ich kann dich halt schlecht einschätzen.

> Doch dann muss man natürlich dafür dafür zu sorgen, dass sie ein 
> freies Softwaresystem nutzen können, was wirklich funktioniert. 
> Ansonsten können sie natürlich auch nicht umsteigen. 

Ich denke das haben wir.
Das Problem ist eher, die Leute auch davon zu überzeugen.

> > > Wahrscheinlich müsste man vorher das Angebot der freien Software 
> > > analysieren, um dann Empfhelungen aussprechen zu können: das ist 
> > > gerade am weitesten entwickelt, das entwickelt sich weiter, ist 
> > > aber noch nicht so reif...
> > 
> > Falls du Freie Software Distributionen für Windows suchst:
> 
> Meine wie gesagt die Vielzahl der freien Software für GNU/ Linux... :)

Dafür sind die verschiedenen GNU/Linux Distributionen zuständig.
Jede Distribution versucht natürlich, das "beste" herauszusuchen. 
Da das "beste" aber etwas sehr subjektives ist, gibt es halt viele
verschiedene Distributionen, die teilweise sehr verschiedene Zielgruppen
anvisieren. - Und das ist gut so.

Hier kommt aber auch wieder ein Punkt zum Tragen, der mich zum Beispiel
für Nachbarschafts-Hilfe eher ungeeignet macht. Ich versuche gerade
selber jemanden von GNU/Linux zu überzeugen. Nun, die Distribution, die
ich selber verwende, ist für Einsteiger eher ungeeignet.
Deswegen habe ich ihm eine Distribution empfohlen, die ich widerum für
mich selber nicht mit der Kneifzange anfassen würde...
Du verstehst, welche Probleme daraus entstehen...

> > Ein weiteres Hindernis dieser Art ist das Thema Gerätetreiber. Hier wird
> > aber häufig die Schuld auf der falschen Seite gesucht. Es ist nicht die
> > Schuld von GNU/Linux, dass Hardware-Hersteller nur Treiber für Windows
> > zur Verfügung stellen, ansonsten aber ihre Spezifikationen geheim
> > halten, so dass kein anderer Treiber dafür schreiben kann.
> > Tatsächlich ist es sogar so, dass GNU/Linux "von Haus aus" sogar
> > wesentlich mehr Hardware unterstützt, als Windows. Nur mit Treibern der
> > Hardware-Hersteller sieht es halt anders aus.
> 
> 
> OK. Dann muss man eben für klare Unterscheidungen sorgen :) Dann 
> möchte ich als Verbraucher ganz deutlich wissen, welche Hersteller 
> Linux mit Treibern supporten und welche nicht. 

Vorsicht! Auch hier lauert eine Falle.
Viele Hardware-Hersteller verstehen unter "Linux-Support", dass sie
wieder unfreie Treiber abliefern.

Bei besagtem Bekannten stehe ich gerade selber vor dem Problem. Der
besteht darauf, mit seiner Wireless-Karte ins Internet zu wollen. 
Nicht, dass er einen Laptop hätte, er will nur keine Kabel quer durch
die Wohnung verlegen. Gerade Wireless-Karten sind zur Zeit die 
Problemfälle bei der Hardware-Unterstützung. Er ist der Meinung, dass 
der Anbieter GNU/Linux "unterstützt". Nun, worin besteht die 
Unterstützung? Es gibt einen "Treiber", aber nur im Binärformat. Damit 
der geladen werden kann, gibt es wiederum einen Kernel-Patch, den man 
in den Kernel einkompilieren muss und der dann den binären Treiber lädt. 
Um es nochmal deutlich zu sagen: man muss dafür den Kernel patchen und 
neu kompilieren! Dieser Patch funktioniert auch wieder nur mit 
bestimmten Versionen des Kernels, und macht bei neueren auch wieder
Probleme...
Mal abgesehen von der Tatsache, dass er hinterher auch wieder kein 
vollkommen freies System hat.

Leider kann ich dem das nicht ausreden. Aber ich gebe zu, dass ich mir
damit jetzt bewusst Zeit lasse. - Er hat ja nicht die Arbeit, aber er
soll wenigstens mitkriegen, DASS das eine ziemliche Sauerei ist.

In einem solchen Falle wäre mir ehrlich gesagt überhaupt keine
Unterstützung sogar lieber, als diese Pseudo-Unterstützung.

> Hersteller, die Linux nicht als Betriebssystem anerkennen, kommen 
> dann eben nicht mehr in meine Tüte. So einfach ist das.

Okay, hier werde ich mal wieder pedatisch:
Ich erkenne Linux auch nicht als Betriebssystem an. 
Linux ist nur der Kernel des GNU/Linux Betriebssystemes. ;-)

Die Erwähnung von GNU ist mir nicht nur wichtig, weil die das System
begonnen haben, sondern vor allem auch, weil gerade die hinter dem
Konzept der Freien Software stehen. Die Linux-Entwickler, also die
Entwickler des Kernels, insbesondere Linus Torvalds, haben größtenteils
davon abweichende Meinungen. ("Freie Software" versus "Open Source")

> Das muss man eben auch genau wissen, wenn man Nachbarn helfen will... 
> "aha, du hast diesen drucker und diesen scanner etc. ich schaue mal 
> in die aktuelle schlaue tabelle - hierfür gibt es Unterstützung und 
> hierfür nicht. hier müssten wir also ein teil austauschen, weil der 
> Hersteller sich völlig gegen Linux abblockt. den kaufst du dann in 
> zukunft bitte nicht mehr."

"In Zukunft bitte nicht mehr" ist gut. ;-)
Wenn man das Gerät einmal hat, ist das Kind ja bereits in den Brunnen 
gefallen.

(Bei Druckern betrifft das übrigens die sogenannten GDI-Drucker)

> und letztlich muss man dann auch öffentlich den druck verstärken auf die hersteller, die Linux nicht als Betriebssystem anerkennen und klare Aussagen einfordern. Auch mit einer klaren Abfuhr kann man gut leben. Das ist dann ihre Sachen, wenn sie nicht mehr in meinem Wahrenkorb landen wollen. Wie gesagt: da müsste man ganz klare Aussagen provozieren, nichts schwammiges. Und wenn es doch schwammig sein sollte, jeden Monat nachhaken, ohne unterlass, bis klar ist: dann und dann gibt es Treiber oder eben nicht. Am besten mit ein paar tausend Emails jeden Monat, regelmässig an den CEO, CTO usw.
> 
> Steter Tropfen hölt den Stein. - Vielleicht war es die letzten 5 Jahre nicht bei ihnen erfolgreich, aber das heisst noch lange nicht, dass es in 3 Jahren noch immer so aussieht. :) Oft brauchen humane Anliegen länger bis die kleinen warmen Tropfen den kalten harten Stein erweichen. Aber irgendwann hat auch der härteste Stein ein kleines Loch - und dann geht es plötzlich meist ganz schnell... ;)
> 
> 
> Liebe Grüße
> Ingmar
> 
> 
> ps zu "öffentliche forderung treiber für linux einforderung"... da 
> hätte ich gleich mal eine frage: gibt es da eine internationale 
> kampagne und wie ist da der stand der dinge?

Es gab da schon etliche Ansätze.

zunächst versuchte man Druck auszuüben.
http://vendorwatch.org/

Dies ging mehr von der OpenBSD Seite aus. Da kam es auch zu
Unstimmigkeiten, da die FSF sich nicht an Mailbomben-Aktionen und
ähnlichem beteiligen wollte.

Inzwischen ist man aber eher dazu übergegangen Angebote zu machen.
Die Linux Kernel-Entwickler haben vor kurzem ein Angebot an die
Hardware-Industrie gemacht, dass sie gerne kostenlos für sie Treiber
entwickeln, wenn sie nur die Spezifikationen bekommen. Das wurde zwar
schon immer so gehandhabt, aber es wurde in der Vergangenheit wohl noch
nicht deutlich genug vermittelt:

http://www.kroah.com/log/2007/01/29/

Die Free Software Foundation hat jetzt ebenfalls ein Thesenpapier dazu
veröffentlicht:

http://www.fsf.org/resources/hw/how_hardware_vendors_can_help.html

> denn wenn ich dich richtig verstanden habe andreas, scheint mir das
> ja ein ganz zentraler punkt zu sein, hier einen wandel zu erreichen.

Nun, als "zentralen" Punkt würde ich das jetzt nicht bezeichnen.

-- 
AKFoerster





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