Freie Software Nachbarschaftshilfe

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Mo Mär 5 23:33:31 UTC 2007


> > Kenne mich leider mit den "Definitionen" einzelner Worte nicht so gut
> > aus, da ich in vielen int. Bereichen engagiert bin.
> 
> Tut mir leid, falls das pedantisch wirkt, aber ich muss leider immer
> wieder feststellen, dass man in seiner Begrifflichkeit möglichst genau
> sein muss.


Kein Problem Andreas. Lerne ja gerne dazu. :) Was die Begrifflichkeiten angeht, muss man wohl im Softwarebereich sehr genau sein, wie ich vorhin in der Wikipedia gelesen habe. Tut mir leid. Gibt wohl mit den Begriffen schon länger so ein bisschen "Probleme", was nun was ist... das wusste ich leider nicht.



> Ich kenne genug Leute, die es toll finden und allen erzählen, dass bei 
> dem System (das sie nur nach dem Kernel benennen ;) ) alles frei ist...
> Und wenn andere nachfragen... "ja, den Acrobat Reader gibt es da
> natürlich auch für, und den Real-Player, und den Flash-Player... und
> alles ist 'frei'." - Ich könnte da immer heulen!


Kann ich verstehen.

 

> Wie wäre is mit "GNU/Linux User Group"?
> Davon gibt es nämlich schon einige.
> http://www.gnu.org/gnu/gnu-user-groups.html


Ja, daran habe ich auch schon gedacht. Vielleicht könnte man sie gewinnen und in einen solchen Nachbarschaftshilfe-Prozess einbinden. Das wäre toll. Aber es muss eben auch noch über das Linux System hinausgehen... Linux ist sehr wichtig, aber es gibt natürlich noch ganz viel andere freie Software. 

Wahrscheinlich müsste man vorher das Angebot der freien Software analysieren, um dann Empfhelungen aussprechen zu können: das ist gerade am weitesten entwickelt, das entwickelt sich weiter, ist aber noch nicht so reif... denn die breite Gesellschaft, unsere Nachbarn, dass sind keine Techniker, keine Geeks... sie können nicht mal eben die Kommandozeile bedienen und Fehler regulieren die auftreten. Das würde die meisten Menschen überfordern (nicht das sie es generell nicht könnten, aber sie müssten erst viele Monate das System lernen und dazu werden nur wenige wirklich die Zeit haben bei einem 40 Stunden Job und Familie). Sie können also Fehler nur unter Anleitung beheben und in ganz kleinen Schritten dazulernen.

Gilt ürigens auch für mich. Mein Notebook ist mein wichtigstes Werkzeug, aber ich hätte schlicht keine Zeit, tiefere Fehler alleine zu regulieren.


Die breite Gesellschaft... unsere Nachbarn... das ist eben neben dem grossen Potential auch eine sehr grosse Herausforderung und hat viel mit Verständnis und Solidarität zu tun. Verständnis, dass sie z.B. keine Geeks sind... sie können nur in kleinen Schritten lernen und sich gegenseitig helfen.

Die Systeme müssen da laufen und wenn Fehler auftreten, muss jemand da sein, der ihnen in der Nachbarschaft hilft - ohne das er gleich zur Kasse gebeten wird oder zig Kilometer fahren muss. Denn wenn ich zur Kasse gebeten werde, weil mir Freie Software Probleme macht, bleibe ich einfach bei den anderen Sachen.


Hier die Originalworte eines Freundes von mir (vor zwei Stunden per Email eingetroffen), der wirklich sehr intelligent ist und sich sehr für usability und sauberen Webseiten-Code engagiert:

""
Ich habe gerade 4h damit mit dem Versuch Linux Kubuntu zu installieren.
Jetzt habe ich kapituliert.

Es geht einfach nicht.
Mit Details verschone ich Dich. Die Kiste könnte ich treten.
Sowas frustet mich ziemlich.

Man denkt eben vor allem "Ich bin einfach zu blöd".

*seufz*
""


Wie gesagt... ER ist kein normaler Nachbar... er schreibt super sauberen Webcode, ist also gewisser Hinsicht im Internet sehr versiert... - und doch macht er gerade diese Erfahrung. (Und er wird z.B. auch nicht so einfach zu einer Linux User Group gehen... Nachbarschaftshilfe ist noch mal was anderes. Nachbarschaftshilfe ist hier, wo ich bin und mit den Leuten, mit denen ich hier lebe.)

Und wie ist es da erst bei unseren Nachbarn, die nicht mal wissen, wie man eine kleine einfache html Seite schreibt oder "in Windows ein Laufwerk formatiert"?

Das ist die breite Gesellschaft... und genau sie sind die Herausforderung. Wenn wir wirklich wollen, dass freie Software auf jedem Desktop läuft und sich so die humane Philosophie dahinter verbreitet, müssen wir zu ihnen kommen und ihnen helfen.

Ich verstehe z.B. das viele von Euch gerne über freie Software sprechen. Und ich spreche auch gerne darüber. Aber ein Nachbar würde mir eher sagen: "Das hört sich alles ganz toll an Ingmar, die Philosophie, wirklich schön... aber nun zeig mir bitte, wie es läuft, ohne das ES mir Probleme macht!" :) Das ist die Realität.

Deswegen ist es so wichtig, nicht nur Informationen über freie Software zu verbreiten (das wird nämlich fast jeder gerne privat unterschreiben, wenn er die dahinter liegenden humanen Prinzipien verstanden hat), sondern eine sich selbst verbreitende Infrastruktur zu schaffen, um den Menschen wirlich auch vor Ort Hilfe zukommen zu lassen, damit sie freie Software nutzen können und das sie sich Schritt für Schritt auch selbst helfen können.

Natürlich können wir das nicht alleine aufbauen. Zu aller erst müssten wir uns umschauen, wer in diesem Bereich überall engagiert ist und für diese Idee Symphatien gewinnen - und daraus dann ein Startnetz weben.

Wie viele von der Linux User Group stehen z.B. wirklich hinter der freien Software, kennen sich wirklich auch allgemein in der freien Software gut aus und haben dann auch noch den sozialen Funken in sich, den Menschen innerhalb einer Nachbarschafthilfe zu helfen? Das müsste man herausfinden und die Menschen und Organisationen, die es gerne tun würden, miteinander für ein Startnetz verbinden.

Durch das Internet und die vielen persönlichen Kontakte ist es ja möglich, so etwas heute in nur wenigen Monaten weltweit in Gang zu bringen... habe das schon einige Male hinter mir. Es ist wirklich wundervoll, dass wir in dieser besorgnis erregenden, aber doch gleichzeitig durch das Internet so genialen Welt der riesigen Möglichkeiten leben, in denen man globale humane Prozesse in nur wenigen Monaten anschieben kann.

Von daher sage ich nur: es liegt an uns. Ideen können sich heute in Windeseile verbreiten... wenn ihr denkt: "ja, lasst es uns angehen", werden wir überall auf der Welt Menschen erreichen. Gute Ideen verbreiten sich expotential. Es beginnt ganz klein und winzig und wenn die Idee gut und ihre Zeit gekommen ist, wird sie sehr gross. Ich unterstütze viele sehr gute Ideen. Manche offen, manche im Hintergund. Man muss es nur richtig kommunizieren und die soziale Ader der Menschen ansprechen. Die Menschen sehnen sich heute nach praktischer und innovativer Humanität und Sinn im Leben, gerade dort, wo sie leben. Und anderen Menschen zu helfen vor Ort, dass ist Sinn hoch drei.

Würde natürlich einigen Leuten nicht so gefallen, wenn wir so eine aktive Freie Software Nachbarschaftshilfe und Informationsverbreitung international umsetzen würden... aber so ist das bei humanen Angelegenheiten ja immer... ;)


Liebe Grüße
Ingmar





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