Samba infiziert?

Matthias-Christian Ott ott at enolink.de
Fr Dez 21 12:49:44 UTC 2007


Matthias Kirschner <mk at fsfe.org> wrote:

> Hallo Matthias,
>
> * Matthias-Christian Ott <ott at enolink.de> [2007-12-21 10:55:56 +0100]:
>
> > Ich habe den Microsoft Fall nicht genau beobachtet, aber dennoch scheint
> > mir dieser Vertrag eine Niederlage für freie Software. Hierfür habe
> > ich folgende Gründe:
> > 
> > 1. Der Vertrag erkennt Softwarepatente in der EU als legitim an.
>
> Siehe hierzu:
>
>     "Die Europäische Kommission wurde scharf wegen ihrer Vereinbarung
>     mit Microsoft kritisiert, insbesondere weil sie mögliche relevante
>     Patente von Microsoft nicht für unwirksam erklärt hat," Jonas Öberg
>     fährt fort: "Das System taugt nichts und bedarf der Überarbeitung,
>     aber es ist nicht die Aufgabe von Verwaltungsbeamten, bestimmte
>     Patente für wirksam oder unwirksam zu erklären. Was wir brauchen ist
>     ein informativer, transparenter und demokratischer Dialog in dieser
>     Angelegenheit."
>
> In der Verwaltung kann man nicht so einfach über Zuständigkeiten hinweg
> handeln. Jeder ist für seine Sache zuständig. 

In Europa gibt es meines Wissens nach aber keine wirksame Richtlinie für
Softwarepatente. Entsprechende Richtlinie wurde doch abgelehnt. Warum
sollte man also darüber entscheiden müssen? Unwirksam bleibt unwirksam.

> Lese mal noch "The Ground Rules" in [1] (eigentlich ist das ganze
> Dokument lesenswert).

Habe ich notdürftig vor meiner ersten E-Mail getan.

> > 2. Er erkennt US-Softwarepatente in der EU als gültig an.
>
> Das sehe ich nicht so. Waran machst du das fest?

Da es in Europa (meines Rechtswissens nach) keine wirksamen Richtlinien
für Softwarepatente gibt, muss es sich bei angegebenen Patenten um
US-Softwarepatente handeln. In dem Vertrag [1] ist zwar die Rede von
EU-Softwarepatenten, aber aufgrund der Rechtslage muss es sich hier um
Forderungen aus US-Softwarepatenten handeln.
Und dass Microsoft als Verfechter von Softwarepatenten anderes behauptet,
sagt noch lange nicht, dass sie richtig liegen.

> > 3. Der Vertrag ist ein Zugeständnis und erklärt das EU-Verfahren zu
> >    einem Erfolg und billigt es.
>
> Ein Zugeständnis an wen? Microsoft wurde dazu verurteilt, das ist meiner
> Ansicht nach kein Zugeständnis. Und der Vertrag ist meiner Ansicht nach
> zunächst mal ein Erfolg für Freie Software.

Nein, erst wurde auf die Gefahren der Akzeptanz dieser Entscheidung
hingewiesen und nun wird das als Erfolg verkauft und nur einschränkend
gesagt, dass die Patentfrage nicht geklärt ist. Aber die ist doch eine
der zentralen Fragen. Es klingt schon an, dass die Entscheidung der EU
jetzt gut sein soll, nur weil das Samba Projekt jetzt die Dokumentation
hat.
Ich mag mich täuschen, aber für mich stellt sich das im Moment so dar.

> > 4. Die erworbene Dokumentation ist nur unter NDA verfügbar.
>
> Lese dazu mal Abschnitt "Residuals" und "Source Code Comments" in [1].

Ja, hatte ich. Für scheint das - trotz Zeitbeschränkung und
Weitergabemöglichkeit - nicht gerade öffentlich zu sein, man kann es
vielleicht nicht wirklich als NDA bezeichnen (u.a. aufgrund der "source
code comments"), aber es hat einen solchen Charakter. Es wird immer
noch viel hinter verschlossenen Türen gemacht und die Dokumentation
ist nicht öffentlich.

> Viele Grüße,
> Matthias

Vielleicht bliebe die Frage nach der Rechtlichkeit von Softwarepatenten
in der EU noch zu klären.

Mit freundlichen Grüßen
Matthias-Christian

[1] http://samba.org/samba/PFIF/PFIF_agreement.pdf





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