Frage zum Begriff der Freien Software

Christian Selig christian.selig at bnv-bamberg.de
Mo Feb 13 18:56:10 UTC 2006


On Sonntag, 12. Februar 2006 23:26, Sven Reumann wrote:
> > Jein. Zum einen ist schon das beliebige Zerlegen des Programmes mit allen
> > Mitteln der Kunst gemeint. Zum anderen, und ich denke, das war eher die
> > ursprüngliche Intention hinter Freiheit zwei, ist das Studium der
> > Quellen, ohne an ihnen etwas zu verändern, genauso wie ein Historiker
> > oder Politikwissenschaftler eben mit Quellen umgeht; plus natürlich das
> > Anpassen zum eigenen Zweck.
>
> O.K. Ich verstehe das die Moeglichkeit aus den Quellen zu lernen, so
> wichtig genommen wird, das sie eigens erwaehnt wird, auch wenn dieses Recht
> formallogisch bereits in einem anderen enthalten ist.

Nach formaler Logik hast Du recht. Die Studierbarkeit folgt aus der 
Quellenverfügbarkeit.

Allerdings, um selber spitzfindig zu werden: Kurz vor Zeiten des 
Dotcom-Sterbens hat ein entfernter Bekannter einen Arbeitsvertrag 
unterschreiben müssen, der die Klausel enthielt, dass er alle im 
Arbeitsverhältnis entstandenen Wissenszugewinne nach Beendigung des 
Arbeitsverhältnisses nicht mehr nutzen darf. Sehr lächerlich und juristisch 
sicher auch fragwürdig, falls aber rechtlich einwandfrei, könnte man sich 
genausogut eine Lizenz vorstellen, die Dir den Zugriff auf Quelltexte 
erlaubt, nicht jedoch das "Studieren".

> Praktische Erwaegungen habe ich ganz ausgeschlossen. Ich habe mich halt
> dumm gestellt. Das ist absolut notwendig wenn man juristische Texte
> verstehen will. ;-)

"Juristen, die Legastheniker des Fortschritts" (NJW, irgendwann 2001)

Diese Leute haben eine merkwürdige Logik, schlimmerweise funktioniert sie auch 
noch für viele praktische Fälle. Ein Mathematiker würde deswegen töten.

Gibt auch nette Juristen. :-)

> Aber praktische Erwaegungen sind wie gesagt ausgeblendet. Die vier
> Freiheiten beschreiben m.E. auch nur Minimalbedingungen fuer Freie
> Software, die noch weitere Erwaegungen notwendig machen.

Ja. Die Debian Free Software Guidelines könnte man zum Beispiel als 
ausformulierte Variante der vier Grundfreiheiten betrachten. Wobei: Je länger 
der Text, desto mehr Zank um Auslegungsfragen. Vergleiche Bibel.

> > Was meinst Du mit Verkaufen? Verkaufen von Datenträgern mit der Software?
> > Rechteübertragung? Lizenzierung?
>
> Nun vielleicht habe ich versucht ein bischen zu spitzfindig zu sein.
> Verkaufen macht wohl bei Freier Software wenig Sinn, wenn nicht eins der
> obigen Begriffe gemeint ist.

Freie Software können die Rechteinhaber selbstverständlich "verkaufen". Ich 
weiß nicht genau, wie das im kontinentaleuropäischen Recht genau geht -- aber 
drehen kann man da was. Nur nützt es halt wenig - die Community macht nen 
Fork und es wird frei weiterentwickelt.

Grüße, Christian





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