1. tag berlinux - nachtrag

Robert Schuster theBohemian at gmx.net
Fr Okt 22 19:53:09 UTC 2004


Hallo,
ich schreibe diese Mail um meine Eindrücke vom ersten Tag der 
Veranstaltung berlinux (www.berlinux.de) mitzuteilen und auch um etwas 
(hoffentlich konstruktive) Kritik loszuwerden. Es geht mir dabei nicht 
darum, die Veranstalter zu erreichen, sondern Leute die ebenfalls 
anwesend waren (im speziellen Herrn Greve) als auch einfach Befürworter 
von Freier Software.

Zuersteinmal waren alle Vorträge sehr interessant, wenn man an 
Neuigkeiten von den verschiedenen Projekten (zB. Gnome, KDE) oder 
anderen (zB. Java Desktop System, Eclipse RCP) interessiert gewesen ist.
Leider hatten sie alle gemeinsam, dass der Redner seine Hörer in eine 
Art Wahrnehmungsglocke einschloss: Beginnend mit der Eröffnungsrede 
behauptete Herr Greve der Begriff "open source" sei ein gescheiterter 
Marketingversuch. Schön, wenn dem so wäre, aber "open source" habe ich 
dann in den nachfolgenden Vorträgen ausschliesslich gehört. Stefan 
Binner hatte in seinem KDE-Vortrag sogar Freie Software in 
Anführungszeichen geschrieben und Florian Schließl vom LiMux Projekt ist 
es wirklich nur einmal passiert, dass er davon sprach, das Teile der von 
ihnen eingesetzten Software frei seien. Die (L)GPL mag als Lizenz sehr 
erfolgreich sein, aber es ist IMHO ein großer Fehler so zu tun als ob 
"open source" schon so gut wie ausgestorben ist.
Wenn ihr das anders oder ähnlich seht, dann bitte schreiben!

Und noch ein wenig Kritik (und jetzt nicht mehr gegen FSFE-Mitglieder):
1) Der Sun-Mann redet nur wie toll das neue JDS ist (welches u.a. 
aufgrund von StarOffice noch nicht mal Freie Software ist).
2) Der KDE-Mann redet nur wie toll das neue KDE ist und welche Features 
sich GNOME von KDE jetzt abschaut (khtml).
3) Der GNOME-Mann redet nur wie toll das neue GNOME ist und welche 
Features sich KDE von GNOME jetzt abschaut (atk).
Nicht einmal im Ansatz wurde hier erwähnt, das der GNOME Desktop zum GNU 
Projekt gehört! Ausserdem ist er der Meinung, das künftig in C# 
programmiert wird und das dies nicht zu Kritik und/oder Streitereien 
führt (Wie steht GNU zu Mono? Wie steht Sun zu Mono?).

4) Die Eclipse Rich Client Plattform wird als der Ablöser von ätzenden 
web-basierten Anwendungen gepriesen.
5) LiMux erklärt, dass web-basierte Anwendungen die brillante Idee zur 
Überwindung von Betriebssystemabhängigkeiten ist.

Alle haben natürlich wie gesagt nur von *ihren* tollen "open source" 
Projekten/Produkten gesprochen. Ich bin zu der Einsicht gelangt, dass 
"open source" als ein ganz übles buzzword mißbraucht wird, um den 
Anschein von Sicherheit, Innovation etc. zu erzeugen. Dass die Redner 
Werbung machen müssen und daher diese eingeschränkte Sichtweise 
vertreten müssen, nehme ich nicht hin, denn genau das ist es, was Freie 
Software von dem Rest da draussen unterscheidet.
Hoffentlich kann man bei zukünftigen Ansprachen mit ähnlichem Publikum 
die fadenscheinige Vorgehensweise der "open source" Vertreter besser 
aufzeigen und entlarven.

Ich muss dazu sagen, dass dies meine erste Teilnahme an einer solchen 
Veranstaltung war und vielleicht hat man anderswo schon besser 
verstanden, was "open source" und was Freie Software bringt. Aufklärung 
über "open source" und Freie Software (insbesondere Copyleft) mache ich 
jetzt zu meinem persönlichen Dauerauftrag und kann nur andere bitten, 
dieses auch zu tun.

cu
Robert Schuster

Hier ein paar nette Begriffsfetzen für Mitstreiter:
"ebbing source" oder auch verebbende Quelle, soll sinnbildlich für die 
mediale Ausschlachtung von OS stehen und den Zustand bezeichnen an dem 
sehr viele Anwender merken, das OS nicht prinzipbedingt hochwertiger ist.
"open source is just a buzzword" ist meine Kampfansage an Redner wie in 
1)-5)!





Mehr Informationen über die Mailingliste FSFE-de