AW: [Fwd: Re: DIPasDoc]

Till Jaeger jaeger at jbb-berlin.de
Do Mär 27 18:56:29 UTC 2003


> On Thu, Mar 27, 2003 at 06:03:58PM +0100, Johannes Berg wrote:
> > > So weit mir bekannt, ist die Nutzungsvereinbarung kein Vertrag
> > > im ?blichen Sinne. Habe auch schon geh?rt, dass dies in Deutschland
> > > manchmal rechtlich anders konstruiert wird.  In den USA ist eine
> > > Lizenz sicher kein Vertrag.
> >
> > Hab mich nochmal im Internet umgeguckt - anscheinend geht die aktuelle
> > Rechtsprechung eher von einer Schenkung aus (bei ?berlassung von GPL
> > Software)
>
> Das vergleicht man mit der Schenkung wegen der Haftung.
> Genau ist das nicht.
> Eine Nutzungsüberlassung ist eben kein individueller Vertrag. :)


"IAAL" ;-)

Kurz zu dem Thema "Vertrag":

Anders als wohl in den USA ist auch bei uns jede Lizenzierung ein Vertrag.
Es ist allerdings zwischen den folgenden Vertragsverhältnissen zu
unterscheiden:

1. GPL
Die GPL erzeugt zwischen allen Urhebern (bzw. Rechteinhabern) des ihr
unterstellten Programms Lizenzverträge (=Einräumung von Nutzungsrechten) mit
demjenigen, der diese Software nutzen will (d.h. verbreiten, kopieren etc.).
Nutzen heißt nicht "benutzen" (s.u.). Dieser Vertrag betrifft nur die Rechte
an der Software, nicht die Software selbst. Die durch die GPL eingeräumten
Rechte werden dabei verschenkt (die Schenkung selbst ist nach deutschem
Recht ein Vertrag). Es wird also zwischen dem schuldrechtlichen Vertrag
"Schenkung" und dem Vertrag "Nutzungsrechtseinräumung" unterschieden
(vergleichbar mit dem Kauf eines Computers: Ich schließe den Kaufvertrag mit
Media Markt abs und einen weiteren Vertrag für die Eigentumsübertragung des
Computers - der auch mit Dritten, etwa dem Computerhersteller abgeschlossen
werden kann).

2. Download
Durch den kostenlosen Download wird die Software selbst verschenkt, also ein
eigener Vertrag geschlossen. Je nachdem wie der Download gestaltet ist, kann
es sein, dass gleichzeitig auch ein Vertrag (Schenkung) über die
Nutzungsrechte stattfindet, selbst wenn die Erfüllung
(Nutzungsrechtseinräumung) durch Dritte erfolgt (GPL, s.o.). Enthält der
Download keinen Hinweis, kommt zunächst nur ein Vertrag über die Software
selbst zustande, so dass zu diesem Zeitpunkt nur die "Benutzung"
(Ablaufenlassen) Vertragsgegenstand ist.
Wenn ich dann die GPL "entdecke" und die Software weiterverbreite, kommt
damit der unter 1. beschriebene Vertrag über die Nutzungsrechte mit den
Rechteinhabern zustande.


Ergo: Verspricht mir ein Webseitenbetreiber GPL-Software, kann es sein, dass
er den Schenkungsvertrag mit mir verletzt, wenn er bewusst die GPL verletzt.
Ansonsten begeht er *mir gegenüber* keine Vertragsverletzung. Allerdings
verletzt er dann den Lizenzvertrag mit den Urhebern der Software, die ihm
die urheberrechtliche Erlaubnis zur Weiterverbreitung der Software nur unter
den Bedingungen der GPL gestattet haben. Ihnen gegenüber ist er
"Raubkopierer" und kann rechtlich belangt werden.

Viele Grüße

Till

_______________________________________________________

JBB	Rechtsanwälte | Steinsdorfstraße 5 | 80538 München
	Tel.: +49.89.211 871 0  |  Fax: +49.89.211 871 11
	Dr. Till Jaeger
	www.jbb.de
_______________________________________________________
























Mehr Informationen über die Mailingliste FSFE-de