Doppellizensierung, Kommerz und Freie Software

Bernhard Kaindl bernhard.kaindl at gmx.de
Do Aug 7 14:28:56 UTC 2003


Hi,
   ausgleichend wollte ich noch sagen, dass ich natuerlich immer lieber
eine "free-only" Lizensierung sehe, aber das verlangt eben wie Du richtig
gesagt hast auch ein komplett anderes Geschaeftsmodell und ein Umstieg
auf ein neues Geschaeftsmodell ist fuer eine Firma immmer ein grosses
Risiko, denn es kann gut gehen oder auch nicht.

Das Problem bei Geschaeftsmodellen ist aber, dass wenn sie im konkreten
Fall nicht gut gehen, dann kann das das Aus fuer die Firma bedeuteten
kann.

Man muss sicherstellen koennen, dass auch im neuen Geschaeftsmodell
genug Einkommen abwerfen, dass die Mitarbeiter bezahlt werden koennen.

Das wechseln des Geschäftsmodells ist meiner Meinung auch oft schwierig,
da es von allen Beteiligten eine komplett andere Denkweise erfordert.

Waehrend Mitarbeiter und Kunden im dualen Lizensierungssystem in "normalen"
Wegen denken koennen, muessen sie im GPL-Lizenzmodell voellig umdenken und
koennen nur mehr im Service-Bereich denken, und dieses serviceorierntierte
Denken ist manchen Leuten eben nicht eigen, und man muss erst damit umgehen
koennen.

Es kann sehr schwierig sein, Leute die nicht auf diese Art denken, davon
zu ueberzeugen, dass Regeln die frueher galten bei der GPL keine Wirksamkeit
haben.

Nichtsdestotrotz finde ich den serviceorientieren Ansatz unter GPL aus der
Sicht der freien Software, und das muss die globale Sicht sein, nateurlich
viel besser.

Bernhard


On Thu, 7 Aug 2003, Bernhard Kaindl wrote:
>
> Hallo Bernhard,
>
> ich möchte zuerst klarstellen, dass ich nicht für MySQL arbeite,
> aber ich arbeite im Bereich der Linux-Distriubutoren und habe nicht
> nur daher eine andere Sicht auf die Dinge.
>
> Zu:
> http://www.pro-linux.de/cgi-bin/NB2/nb2.cgi?send-edit.5812.3010.21002810032.
>
> > Sofern MySQL den Klienten Wert bringt, sollten diese den Wert in eigenem
> > Interesse auch für eine Freie Software bezahlen.
>
> Natürlich sollten sie in eigenem Interesse für freie Software Zahlen, aber
> jede Firma wird sagen: "Wieso ich? Ich kann das Geld für eigene Projekte
> besser benutzen".
>
> Ich glaube also dass keine Firma freiwillig für eine Software die unter
> LGPL steht, jemand etwas zahlen wird. Jede Firma hat ein Budget, und wenn
> sie keinen "Buisness-Case" darin sieht dafür zu bezahlen wird sie in ihrem
> Budget keinen Posten dafuer machen, ergo kein Geld.
>
> Ausserdem, an wen sollte eine Firma dieses Geld überweisen wenn die Software
> von der Community von vielen Hunderten programmiert wird. Wie sollte man
> dieses Geld verteilen?
>
> Ich würde dafür natuerlich die FSF vorschlagen, aber sollte es die FSF
> sein, oder die FSF-Europe, oder die FSF-Germany - wem gehört das Geld
> und wie soll es verwendet werden?
>
> > Selbstverständlich ist es ein begrüßendswerter Fortschritt, wenn von einer
> > nicht-freien Software nun eine GNU GPL Version als Zweitlizenz hinzukommt.
>
> Klar, ein weiters gutes Beispiel neben Qt ist Coin3D, es ist das Produkt
> von sehr vielen Mannjahren, und ist jetzt auch unter GPL als Zweitlizenz
> releast: http://www.coin3d.org/
>
> Der Vorteil für Qt/Coint3D ist, dass die Software, die kommerziell
> entwickelt wird, durch die Veröffentlichung unter der GPL, User/Tester
> im Open Source-Bereich bekommt, was gut für Open Source ist und gut
> für die Firma, da sie die Möglichkeit hat, Tester zu bekommen auf
> die sie sonst keinen Zugriff hätte.
>
> > Sofern von einer Freien Software aber eine proprietäre Lizensierung
> > hinzukommt, ist es ein Rückschritt.
>
> Das sehe ich auch so, aber nur wenn die Software von eine grosse
> freie Entwicklerbasis hat, und die durch die proprietäre Lizensierung
> ausgeschlossen würden. Das wäre sehr schlecht.
>
> Aber ich meine es gibt zwei Arten von Free Software/Open Source Projekten:
>
> a) Projekte wie der Linux Kernel oder Gnome die von hunderten/tausenden
>    entwicklern vorangetrieben werden, wo zwar kommerzielle Firmen auch
>    ihren Beitrag liefern, aber wo man sagen kann das das Projekt keineswegs
>    nur von einer Firma vorangetrieben wird.
>
> b) Projekte wie Qt, Coin3D und SAP DB
>
>    Das sind eigentlich kommerzielle Projekte, die, auch wenn sie unter
>    einer freien Lizenz stehen, trotzdem von der Art der Entwicklung
>    kommerzielle Projekte sind.
>
> Qt wird von Troll Tech entwickelt sie dürfte meines Wissens der einzige
> echte Copyright-Owner der kommerziellen Codebasis sein und Troll kann
> die Weiterentwicklung der gemeinsame Codebasis dadurch finanzieren.
>
> Das heisst auch, dass die Weiterentwicklung von Qt sehr start von den
> Kommerzellen Wünschen von Qt abhängt und damit andere Dinge die eigenlich
> auch gut wären(z.B. Internationalierung) ins Hintertreffen geraten können.
>
> Aber das ist die Natur von kommerzieller Softwareentwicklung. Es ist gut
> dass Troll Qt auch unter einer freien Lizenz zur Verfügung stellt, aber
> Troll ist auch eine Firma, die Entwickler bezahlen muss und was bei dem
> kommerziellen Projekt rauskommt, bekommt die Open Source Community auch,
> also für alle eine gute Situation.
>
> Das heisst nicht, dass das Modell von Qt besser ist als Gnome, es stecken
> aber grundverschiedene Entwicklungsmodelle dahinter.
>
> Bei Coin3D vs. FreeWRML ist es genauso, nur ist Coin3D nicht so bekannt.
>
> Genauso ist es meiner Meinung nach mit SAP DB. SAP DB war wie Coin3D
> viele viele Jahre lang ein rein kommerzielles Projekt das einmal
> unter eine freie Lizenz gestellt wurde .Aber bei SAP DB war auch
> klar, dass, weil es keine freien Programmierer fuer die SAP DB gibt
> und sich niemand, der den Code nicht kennt damit wird abgeben wollen,
> ist es für mich voellig aussichtslos dass sicht die SAP DB von der
> Free Software Community übernommen wird und Entwicklung dafür gestartet
> wird. SAP DB wird von seiner Geschichte her auch nur im kommerziellen
> Umfeld benutzt und welcher freie SQL-Datenbankentwickler wird von
> Postgres/MySQL zur SAP DB schwenken wenn es bei dem eigenen Projekt
> viel mehr Entwickler gibt. Die anderen Alternativen leben und SAP
> DB ist meiner Meinung nach als Free Software einfach tot. Um es
> wieder zum leben zu erwecken müsste sich eine Firma, die die Möglichkeit
> hat, SAP DB kommerziell zu verkaufen und damit Entwicklung zu bezahlen,
> der Sache annehmen und genau das scheint zu passieren.
>
> Ich muss sagen dass ich SAP DB nicht genau recheriert habe, aber
> das ist die Sicht die ich habe, wenn ich mit den Informationen die
> ich aktuell habe, auf die Sache schaue.
>
> Wenn jede Verquicklung von freier Software mit kommerziellen Interressen
> schlecht wäre, dann wäre es auch schlecht Distributoren wie RedHat und
> SuSE zu haben, die sind für die echten Cracks zwar unnötig, aber
> sie fördern die Anwendung von freier Software.
>
> Bernhard
> --
> BTW, die Abstimmung über die Einführung von Softwarepatenten ist am
> 1. September:
> http://wiki.ael.be/index.php/ManifAgainstSoftwarePatents
> --
> "The exclusive right to invention [is] given not of natural right,
> but for the benefit of society." -- Thomas Jefferson
> --
> Quote: "The civilisation advances not by thinking what we are doing,
>         but by being able to do things whithout thinking about them"
> Free Software:    The most effective way put the above into practice.
> Software patents: Owning ideas for 20 years helps lawers, not the society
>
>
> _______________________________________________
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