[ox] Freiheit und Grundsicherung

Reinhard Wiesemann r.wiesemann at villa-vogelsang.de
Do Apr 25 06:01:03 UTC 2002


Am Mittwoch, 24. April 2002 16:34 schrieb Wolfgang Jährling:
> Eike Lange <eike.lange at uni-essen.de> wrote:
> > On Wed, Apr 24, 2002 at 01:40:59PM +0200, Benni Baermann wrote:
> > > Du beschönigst. Vielen ist die Sozialhilfe zum Sterben zu viel und zum
> > > Leben zu wenig.
> >
> > Mag sein. Aber es gibt sie. Zugegebenermassen nur in wenigen Ländern,
> > aber kein Mensch bei klarem Verstande verhungert oder wird an
> > Krankenhauspforten abgewiesen. Für dieses System zahle ich gerne meine
> > Steuern.
>
> Kein Mensch bei klarem Verstand verhungert auf dieser Welt? Funktioniert
> mein Ironie-Detektor gerade nicht richtig oder was ist hier los? :)

In den Zitaten nicht aufgeführt ist die Tatsache, daß meine ursprüngliche 
Aussage sich auf Deutschland bezogen hat, diese durch Benni Baermann dann 
erweitert wurde auf die ganze Welt, und dann hat Eike Lange eine Aussage 
gemacht, deren erster Teil kurz Bezug nimmt auf diese 
Geltungsbereichserweiterung und deren zweiter Teil aus dem Zusammenhang für 
mich klar auf Deutschland bezogen ist. Und in Deutschland wird wirklich 
niemand am Krankenhaus abgewiesen.

So entstehen Mißverständnisse.

>
> > Kein Mensch würde den Müll vor Deiner Haustüre wegräumen, wenn es
> > dieses System nicht gäbe.
>
> Unangenehme Arbeit kann gleichmäßig zwischen allen Betroffenen
> aufgeteilt werden, wobei der evtl. nötige Druck durch die Gemeinschaft
> ausgeübt wird. Da sehe ich nicht das Hauptproblem eines geldlosen
> Systems. Ich halte es für zumutbar, einmal im Jahr den Müll der ganzen
> Straße einzusammeln.

So kann man das sehen. Aber ich finde es nicht gut, weil dann jeder alles 
machen muß. Ich habe zum Beispiel ein Riesenproblem damit, wenn irgendwer 
blutet. Früher bin ich bei solchen Gelegenheiten umgekippt. Ich fänd's schon 
gut, wenn jemand mir meinen Anteil am blutigen Krankenhausdienst abnähme und 
ich dafür putzen dürfte. Außerdem kann ich aber nicht an allen Terminen und 
man müßte auch da flexibel mit mir umgehen. Man kann ja tauschen. Und schon 
sind wir beim Geld.

> > > Dann musst Du in einer anderen Welt leben als ich. Man muss doch nur
> > > einmal mit halbwegs offenen Augen durch eine beliebige Stadt auf
> > > dieser Welt laufen um zu sehen, dass nichts "ausgesprochen gut"
> > > funktioniert.
> >
> > Ich bitte um einen konstruktiven Vorschlag, wie es besser
> > laufen könnte.
>
> Muss man eine perfekte Lösung anbieten können, um Kritik üben zu dürfen?

Da hast Du völlig Recht! Man darf kritisieren, auch wenn man keine bessere 
Lösung hat. Das macht andere aufmerksam und die kommen dann vielleicht mit 
Lösungen. Ich finde nur: Wenn ich eine ziemlich gut funktionierende 
Alternative habe und es fällt mir nichts besseres ein, dann sollte ich meine 
Anstrengungen dahin richten, diese Alternative zu verbesseren und nicht das 
Auffinden von Mißständen ausweiten zu einer Allgemeinkritik an einem tollen 
System, das nur noch eine Menge Verbesserungsarbeit nötig hat.

> > Ich programiere in meiner Freizeit freie Software, warum sollte ich
> > nicht auch Geld dafür bekommen, was eine Form der Anerkennung ist?
>
> Es ist ja nicht so, dass ich dir es nicht gönnen würde, dafür Geld zu
> bekommen, aber ich kann dir durchaus einen Grund nennen: Weil du die
> Freie Software vermutlich aus Vergnügen und/oder Idealismus schreibst.
> Warum sollte man für so eine Tätigkeit noch zusätzlich bezahlt werden?
> (Ich sage damit übrigens nicht, dass generell für die Entwicklung Freier
> Software nichts bezahlt werden sollte.)

Ich fände es toll, wenn jeder das macht, was er will und am besten kann UND 
dafür bezahlt wird, so daß er nicht gezwungen ist, nebenbei noch die 
Allgemeinheit mit einer Arbeit zu beglücken, die er eigentlich gar nicht so 
gut kann und nur unter Zwang macht.

> > > Das verschiebt die
> > > Privilegien nur weg von den Aktiven hin zu den Leuten, die Geld haben.
> >
> > _Nein_!
> > Privilegien der Geldgeber erwachsen aus Reinhards Modell nicht.
>
> Hier kann ich dir zustimmen, soweit ich die Lage bisher überblicke.

Viele Grüße
Reinhard




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