Urheberrecht und Wissenschaft

Stefan Meretz stefan.meretz at hbv.org
Mo Apr 22 08:17:21 UTC 2002


Hi alle,

Bernhard Reiter wrote:

>>Bei freier Software geht es (in meinem Verständnis) nicht darum, Geld, 
>>Bezahlung, Eigentum abzuschaffen. 
> 
> Etwas anderes wird von keinem Kenner behauptet.


Eine freundliche Denunziation;-) Ich oute mich also als Nicht-Kenner: 
Bei Freier Software geht es darum, Geld, Bezahlung und Eigentum 
abzuschaffen - und zwar unabhängig vom Wollen der Beteiligten. Ich habe 
das Argument schon mal genannt: Die GPL suspendiert eine zentrale 
Vorbedingung für die Verkaufbarkeit (die Warenform): die Knappheit.

Weil das so ist, muss Freiheit mit Knappheit kombiniert werden, um etwas 
eigentlich Unknappes wieder künstlich zu verknappen: Das sind berühmten 
Raymondschen Tricks der Kombination von FS mit Service, Hardware etc.

  Im übrigen drückt Freie Software als Gegensatz zu proprietärer 
Software das schon aus: "proprietäre Software" ist wörtlich 
"Eigentümer-Software" und zwar eines Eigentümers, der das exklusive 
Verfügungsrecht hat (das ist immer gekoppelt). Freie Software (mal hier 
GPL angenommen) hat zwar einen Urheber, aber keine Nutzungsexklusion. In 
diesem Sinne ist oder wirkt sie antiproprietär (gegen das exkludierende 
Eigentum gerichtet).

>>b) Die freie Software wird nach meinem Verständnis den Verkaufsvorgang nicht 
>>abschaffen, sondern einfach nur konzentrieren: Derjenige, der ein "virtuelles 
>>Gut" erstellt, könnte ein einziges Mal (fürstlich) bezahlt werden, danach 
>>wird das Gut zum Allgemeineigentum.
> 
> Das Problem der Bestimmung des Wertes 
> der neu geschaffenen Information stellt sich.
> In Deinem Gedankengang wäre das die Höhe der Entlohung.
> 
> Auf dem Gebiet der Grundlagenforschung und Wissenschaft hatten 
> wir ein ähnliches Prinzip auch schon, was sehr lang an den
> Hochschulen gut funktioniert hat.
> 
> Weiterhin glaube ich, dass wir anstatt mit dem dem Kampfbegriff
> "geistiges Eigentum" weiterhin drei Dinge (Marken, Nutzungrechte, Patente)
> zusammenwerfen und die Öffentlichkeit irre führen, eher die
> Nutzungsrechte weiter unterteilen sollten.
> 
> Beispielsweise in: 
> 	Wissenschaftswissen: ala Mathematische Beweise, Algorithem
> 	Unterhaltung als Ganzwerk: Hollywood Filme, Computerspielinhalte.
> 
> Dafür jeweils gute Regeln zu entwerfen und die Abgrenzenungen
> herauszuarbeiten ist sicherlich eine wichtig Aufgabe.
> Es mag sein, dass die Bezahlvorgänge bei diesen Kategorien jeweils
> völlig anders ausfallen.

Dieser ganze Honk ist doch nur deswegen da, weil das (Über-)Lebensrecht 
faktisch an die Tatsache des Geldhabens gekoppelt ist. Das gilt es zu 
entkoppeln - IMHO. Nicht nur das Ding, die Software, sondern auch ihre 
Hersteller, die Menschen, sollten frei sein. Da wir das nicht haben, 
gilt es fantasievoll zu sein und sich nicht dem Irrwitz des "alles muss 
verkaufbar sein" unterzuordnen. Da finde ich die Idee von Reinhard schon 
ganz gut, vielleicht mehr in die Richtung gehend, Pools oder Fonds für 
Leute zu haben, die Freie Software entwickeln. Im Prinzip macht es RMS 
ja auch so.

Ciao,
Stefan


-- 
     Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di
     Internetredaktion
     Potsdamer Platz 10, 10785 Berlin
-- 
     mailto:stefan.meretz at verdi.de
     maintaining: http://www.verdi.de
     private stuff: http://www.meretz.de
-- 







Mehr Informationen über die Mailingliste FSFE-de