Bankkontenmodell

Reinhard Wiesemann r.wiesemann at villa-vogelsang.de
Di Aug 28 07:53:17 UTC 2001


>Ralf Mühlberger schrieb:
> Kann man nicht ein Konto eröffnen für Freie Software allgemein -
> mit einer einfachen Nummer : 111 111 (z.B. ist die
> Gebühreneinzugszentrale) und dafür bei mehreren Banken und
> vielleicht auch bei solchen, die es in fünf Jahren (bei Projektende)
> noch geben wird ?
Ich finde es besser, ein Konto pro Thema zu machen, weil es handhabbarer und
übersichtlicher wird. Außerdem finde ich den "Jackpot-Effekt" wichtig. Die
Programmierer, die an Branchensoftware z.B. für Ärzte arbeiten, sollen immer
wieder sehen, wieviel Geld dafür zur Zeit ausgelobt ist (und garantiert
bezahlt werden wird)

> Wer bezahlt die Anzeigen : das sind ca. 4 mal 10.000 DM ohne
> Agenturkosten ohne Skonto d.h. ca. 60.000 DM Gesamtkosten
> (auch eine Zeitschrift wie CT muß leben!!)
Das ist noch ein Punkt. Im Anfang muß die Kosten jemand übernehmen, um die
Sache zu starten. Letztlich finde ich es aber wichtig, daß Systeme
entstehen, die alleine lebensfähig sind, ohne daß sie ständig künstlich
angeschoben werden müssen. Letztlich meine ich deshalb, muß ein kleiner
Prozentsatz der Fördermittel für die Aufrechterhaltung des Systems
abgezweigt werden muß. Doch dieser Prozentsatz wird bei dem vorliegenden
Ansatz sicher klein bleiben, weil die "Verwaltung" lediglich auf kleine
formale Arbeiten beschränkt ist.

Die Anzeigenkosten sind übrigens niedriger als Du denkst:

1/4s in der ct kostet 1.325 Euro und wir bräuchten sie nur alle 3 Monate.
Ich gehöre nicht zu den Menschen, die der Devise "Nicht kleckern, sondern
klotzen" anhängen und bin überzeugt davon, daß eine solche Aktion sehr gut
mit kleinen, billigen Anzeigen gestartet werden kann.

 
> Ist das nicht ein bisserl optimistisch. Warum soll ein Arzt, dessen
> System von den Kassen und der Kassenärztlichen Vereinigung
> abgenommen und angeschlossen ist (Thema Datenaustausch,
> Kompatibilität etc. ) also warum soll so ein Typ ein Interesse haben
> sein System zu ändern???
> Warum sollen die zusammen soviel Geld zahlen - vielleicht zahlt
> jeder nur einen Solidaritätsbeitrag von DM 60 auf das Konto ein und
> das deckt dann gerade mal die Kosten für die Anzeigen in einem
> Jahr....
hier bewegen wir uns - solange keine Erfahrungen vorliegen - im Bereich der
Spekulation. Ich meine, daß es eine Menge Leute gibt, denen man nur den Pfad
öffnen muß, auf dem sie sich engagieren können. Du meinst vielleicht
anderes. Sollte die Sache zum Start kommen, wissen wir Ende 2002, wer von
uns beiden die Wirklichkeit besser eingeschätzt hat.


> Warum soll das Geld an die Programmierer verteilt werden? Sollte
> man das Geld nicht viel mehr für die Weiterentwicklung von Linux
> allgemein einsetzen??? Gibt es da nicht tausende von
> Möglichkeiten???
Nach meiner Einschätzung ist Branchensoftware im Moment der Pfad, auf dem
Linux am schnellsten weitere Verbreitung finden kann. Denn Branchensoftware
wird schon immer von kleinen Softwarehäusern oder sogar von
Einzelprogrammierern erstellt, sie hat genau abgegrenzte Anforderungen und
den Anwendern ist es völlig egal, was außerhalb dieser Anforderungen
vielleicht _nicht_ möglich ist. Wenn wir einem Arzt ein funktionierendes,
abgenommenes System liefern, dann fragt der nicht, welche 3D-Spiele denn
wohl darauf laufen und wie gut das Office-Paket denn im Vergleich zu anderen
ist. Sobald _seine_ Arbeit erledigt wird, ist er zufrieden und diesen
Zustand kann man mit viel weniger Aufwand erreichen, als es bei allgemeinen
Computer (Desktop-) Anwendern der Fall ist. Die normalen User wollen viel
viel mehr als die Leute, die Branchensoftware einsetzen.

> 
> Außerdem klingt das so als hätten die 5 Typen hinterher ne goldene
> Nase und die Welt geht leer aus??
ja! Genau das finde ich richtig! Wenn bei dem System fünf richtig gute
Ärzte-Programme als freie Software herauskommen, dann haben die
Programmierer dafür auch richtig viel Geld _verdient_. Denn sie sind ja auch
ein erhebliches Risiko eingegangen (was man daran sehen kann, daß es bei
diesem System ja auch eine Menge "zunächst-Verlierer" geben wird, also
Programmierer, die Arbeit investiert haben, deren Ergebnisse aber keine
Anhänger gefunden haben).

Der Rest der (Programmierer-) Welt geht aber trotzdem nicht leer aus, denn
die fünf Quellen-Programmierer können ihr System ja nicht in
ich-weiß-nicht-wievielen deutschen Arztpraxen installieren. Die ganze Gruppe
der Fachleute für freie Software wird einen Auftragsschub erleben, wenn es
nämlich darum geht, diejenigen Programme konkret zu installieren und zu
pflegen, die "den Jackpot abgeschossen haben".

> 
> Ich hab nichts gegen das Geldverdienen, aber nicht auf dem
> Rücken der Gemeinnützigkeit ....
Ich wüßte im Moment nicht, wie man den Aspekt der Gemeinnützigkeit _besser_
in einem lebensfähigen, stabilen System abbilden könnte. Lasse mich aber
gern weiterbringen, deshalb habe ich die Diskussion ja angeregt.

> Genau das ist nicht gut. Sollte man nicht viel lieber versuchen ein
> erfahrenes Gremium zu gewinnen??
"Erfahrenes Gremium" = 10 etablierte Professoren, die der Geldgeber für gut
hält und die eine Machtkonzentration bilden, der ich mich als Aktiver zu
beugen habe? Siehe meine andere Mail.

> Sollte man nicht für die Formalitäten versuchen Profis zu
> gewinnen??
Ja! Hier sind noch Gespräche mit Steuerberater/Rechtsanwalt/... nötig. Im
Moment geht's mir eigentlich um das Prinzip selbst und darum, andere
Meinungen zu hören, um es reifen zu lassen, bevor der nächste Schritt
startet.

Danke an alle, die mitdiskutieren!
Reinhard








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