Vorschlag: Wettbewerb "Freie Software"

Reinhard Wiesemann r.wiesemann at villa-vogelsang.de
Do Aug 23 10:24:19 UTC 2001


Hallo, FSFE!

Bernhard hatte schon kurz über unser Treffen in Essen berichtet, an dem
Peter Gerwinski ebenfalls kurz teilnahm.

Es liegt wahrscheinlich in der Natur der Sache, daß die beteiligten Menschen
verschiedene Vorstellungen darüber haben, wie ein begrenzter Geldbetrag am
besten eingesetzt werden kann:

a) Von mir kam die Wettbewerbsidee
b) Peter befürwortete eine konkrete Unterstützung bestimmter Projekte
c) Bernhard hielt die Verwaltung der FSFE für finanzierungsbedürftig
d) Ein anderer "Aktiver" schlug vor, sein eigenes Projekt zu unterstützen

Keine unübliche Situation. Es brennt an allen Ecken und Geld ist immer zu
wenig da. Nach reiflichem Überlegen möchte ich nun wie folgt vorgehen:

a) Sobald die FSFE formal als gemeinnützig anerkannt ist, werde ich vom
Linuxhotel aus über einen Zeitraum von garantiert 12 Monaten monatlich DM
4000 spenden. Mit diesem Betrag könnt Ihr also als Basisfinanzierung
rechnen, so daß diese 12 Monate zumindest auf kleiner Ebene finanziell
planbar werden. Aus heutiger Sicht werde ich diese Spende danach fortführen,
doch möchte ich mir das offenhalten. Ich stelle es der FSFE ausdrücklich
frei, selbst zu entscheiden, was damit gemacht wird. Es ist also eine Spende
der Art, die sich jeder wünscht: "Ihr macht, was Ihr für richtig haltet und
das auf meine Kosten".

***

b) Einen weiteren Betrag von 40.000 DM halte ich noch zurück, um damit
wahrscheinlich ein eigenes Projekt zur Unterstützung freier Software zu
starten:

Mir gefällt auch nach den ausführlichen Diskussionen der letzten Tage die
(schon von mir geäußerte) Idee gut, eine Art "Jackpot" für Projekte
einzurichten. Basisidee ist, je Projekt ein Bankkonto einzurichten, dessen
Projektthema, Kontonummer und Saldo z.B. alle 3 Monate in der ct
veröffentlicht wird. Auf diese Weise können alle, die an dem Projekt
interessiert sind, dazu beitragen, daß der "Jackpot" für ihr Projekt immer
höher steigt und damit der Anreiz für Fachleute, die Sache zu realisieren.
Genauere Strukturierung werde ich mir noch überlegen, vielleicht schaffe ich
es, solch ein Projekt in den nächsten Monaten zu starten.

Dazu möchte ich nocheinmal einen für mich sehr zentralen Gedanken äußern:

Strukturen, in denen die Aktiven zu Bittstellern werden, in denen es darauf
ankommt, Einzelpersonen oder Gremien zu überzeugen, einen "guten Kontakt
aufzubauen", "Netzwerke zu pflegen" und ähnlich mafiöse oder
patriarchalische Zustände möchte ich nicht unterstützen. Ich finde es viel
besser, wenn es eine Vielzahl gutmeinender Kunden und eine Vielzahl von
Aktiven gibt, bei denen ich nur das Zusammenfinden fördern möchte. Dabei ist
es wichtig, daß keine Abhängigkeitsverhältnisse entstehen und sich niemand
irgendwo anbiedern muß. Und das ist nach meiner Überzeugung nur in einem
offenen Markt erreichbar.

Ich finde es nicht richtig, wenn eine Einzelperson oder ein Gremium über
irgendwelche Antragsteller entscheidet. Statt dessen überlege ich, eine
Struktur zu erfinden, in der ein wohlmeinender Teilmarkt innerhalb der
Marktwirtschaft entsteht.

Wir leben nämlich alle nur deshalb so frei, weil in unserem Staat letztlich
kein Mensch über einen anderen entscheiden kann. Wenn es mir gelingt, für
meine Sachen soviel Zustimmung (= Geld) zu sammeln, daß ich damit
zurechtkomme, dann kann ich machen, was ich will. Es wäre unerträglich, wenn
es ein zentrales Gremium gäbe, das im allgemeinen Leben darüber entscheidet,
was ich machen darf. Erst dadurch, daß es ganz ganz viele Leute gibt, die
mir Freiheit (= Geld) in die Hand drücken können, bleibe ich als Aktiver
unabhängig. 

Es geht also nach meiner Überzeugung weniger darum, konkret irgendwem Geld
für irgendwas in die Hand zu drücken, als viel mehr darum, eine offene
Struktur zu schaffen, in der ganz viele interessierte Menschen individuell
und ohne zentrale Struktur ganz viele Aktive unterstützen.

Viele Grüße
Reinhard





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