Hallo Frank,
On 05.09.2016 15:23, Frank Lanitz wrote:
Wir planen im Eigenbaukombinat in Halle eine Reihe von Workshops zu Upcycling. Das da natürlich Freie Software direkt oder indirekt eine wichtige Rolle spielt, ist klar. Nun kam aber auch der Gedanke auf, dass man da ja auch nachhaltige Software als expliziten Teilaspekt mit aufnehmen könnte. Hat sich wer von Euch in dem Kontext schon einmal Gedanken gemacht?
ich beschäftige mich momentan auch wieder mit dem Thema Software und Nachhaltigkeit. Habe in der Vergangenheit dazu aber auch schonmal dem Umweltbundesamt einen Artikel zu dem Thema "Nachhaltige Software" geschrieben. Halle ist ja nicht weit weg. Wenn euch mein Ansatz dazu gefällt (siehe unten) könnte ich gerne mal zu einer interessanten Abendveranstaltung und Diskussion vorbeikommen zu diesem Thema vorbeikommen.
On 05.09.2016 17:51, Wolfgang Romey wrote:
die Kombi SW (als immaterielles Gut) und Nachhaltigkeit ist zunächst einmal zumindest ungewohnt. Was könnte denn Nachhaltigkeit in diesem Zusammenhang überhaupt meinen?
Das könnte z.B. Folgendes meinen:
"Anforderungen an nachhaltige Software
Unter Nachhaltiger Software“ wird (im weitesten Sinne) Software
verstanden, die entlang ihres Lebensweges (Entwicklung, Anwendung, Außerbetriebnahme) die Umwelt wenig belastet und somit ressourcenschonend und energieeffizient ist. Dies kann beispielsweise dadurch realisiert sein, dass sie effizient und schlank programmiert sowie modular und erweiterbar ist oder langfristig gepflegt wird. Weiterhin kann sich die Software dadurch auszeichnen, dass sie in ihrer Anwendung einen positiven Effekt auf die Umwelt hat, beispielsweise indem sie hilft, Energie und Ressourcen einzusparen oder Prozesse zu optimieren."
Die Quelle dazu findet sich auf meiner Webseite nachhaltigkeit-digital.de
Dem stimme ich voll und ganz zu, betrachte die Schonung von "weltlichen" und damit vor allem endlichen Ressourcen als nur einen Aspekt. In meinem Artikel [1] betrachte ich nicht nur die "Nachhaltigkeit durch Software" sondern auch die "Nachhaltigkeit von Software selbst". Wenn man "Digitale Güter" (zb eine Software) als Ressource versteht, so eine meiner Grundargumentationen, dann kehren sich die Maßnahmen zu deren Ressourcenerhalt ins Gegenteil:
[...] Beispiel: Betrachten wir ein einzelnes Computerprogramm als eine Ressourcen-Einheit der Menge Eins, dann kann diese Einheit prinzipiell unendlich oft verwendet, kopiert und getauscht werden ohne dass sich dadurch die Ursprungsressource jemals verbrauchen würde. Im Gegenteil: Mit jeder Kopie des Computerprogramms steigt die Menge der zur Verfügung stehenden Ressourcen-Einheiten. Betrachtet man eine spezifische Form digitaler Information – zum Beispiel ein einzelnes Computerprogramm – als besonders schützenswert und möchte diese Ressource für zukünftige Generationen erhalten, dann ist eine erfolgversprechende Strategie, möglichst viele Kopien davon (= Einheiten) möglichst weit zu verbreiten. [...]
Und bei dieser Betrachtung kommt Freier Software eine Besondere Bedeutung zu, denn:
[...] Zusammenfassend gilt, dass Software dann zu einer nachhaltigen Ressource wird, wenn sie frei kopiert und angepasst werden kann. Diese Möglichkeiten müssen jedoch explizit eingeräumt werden. Denn obwohl Software sich durch die Erstellung von Kopien nicht erschöpfen kann, können digitale Ressourcen durchaus ausschließbare Güter sein: Durch Anwendung von Immaterialgüterrechten, geschlossenem Code und Kopierschutzmaßnahmen werden digitale Ressourcen künstlich verknappt und damit vom Teilen, dem freien Gebrauch und der freien Weiterentwicklung ausgeschlossen. Die künstliche Verknappung des Angebots soll Markt erschaffend wirken; allerdings liegt gerade in der künstlichen Verknappung digitaler Ressourcen die Gefahr des unwiderruflichen Ressourcen- und damit Wissensverlustes. [...]
Der Artikel findet sich auch in der Dokumentation des UBA [2]
@Wolfgang: Würde mich freuen, wenn wir auf der ORR die Zeit finden uns im persönlichen Gespräch darüber austauschen.
Beste Grüße, Erik
[1] http://blog.3rik.cc/2015/01/freie-software-ressourcen-schonen-durch-teilen [2] https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/nachhaltige-software