Am 26.12.2010 17:59, schrieb Julia Klein:
Vorab mal mein kritischer Blick als Frau auf den Artikel: Ich habe den Artikel auch schon geschickt bekommen und konnte ihn aus mehreren Gründen nicht so ganz nachvollziehen. Der nachvollziehbare Teil beläuft sich für mich darauf, daß die nervige Frage "Ist das der Rechner deines Freundes?"...
Die Autorin selbst ist mir kein Begriff, aber ich hatte den Eindruck (korrigiere mich einer, falls dieser falsch sein sollte!), sie sei vornehmlich auf dem (nord-)amerikanischen Kontinent unterwegs. Der Begriff der "Belästigung" ist da sehr anders ausgelegt als in Europa. Das heißt, was dort schon als Belästigung oder auch sexuelle Belästigung gewertet wird, kann hier mitunter sogar noch als freundschaftlicher Scherz durchgehen.
Hallo Julia,
verstehe das mit dem "nachvollziehbaren Teil" überhaupt nicht. Da berichten verschiedene Frauen von Erlebnissen, wie z.B.:
At the Linux Storage and Filesystems Workshop 2007, I organized a group outing to a pub, only to have one of the invited workshop attendees grab my ass while I was having a completely normal conversation. (I told him to never touch me again, warned my friends about him, and refused to speak to him again.)
Ich sehe hier keine Verwechselungsgefahr zu einem freundschaftlichen Scherz. Wenn Du als "nachvollziehbar" das meinst, was Du selber ähnlich erlebt hast, oder Du den Bericht "glaubst" - dann lässt Du ja praktisch alles weg, was krass ist. Ich sehe da allerdings keinen Grund darin, da was in Zweifel zu ziehen.
Wenn irgendjemand die Dame kennt, die sich auf der FrOSCon in welcher Weise auch immer belästigt fühlte, wäre es gut, sie mal darauf anzusprechen, was wo genau passiert ist.
Am besten doch einfach eine Mail an Valerie mit der Bitte um Weiterleitung?
Ich denke nicht, daß es ein besonderes Problem auf Konferenzen ist, sondern nach wie vor ein allgemeines: Wenn man sich als Frau in einem rein zahlenmäßig von Männern dominierten Feld bewegt, kommt man leider immer wieder in die Situation, die eigene Kompetenz beweisen zu müssen.
Ich denke es hat auch was mit der Art der Szene zu tun. Viele Jahrzehnte war die Hacker- und Open Source-Szene ja primär männerdominiert - auch von vielen Männern als Enklave eines wie auch immer gearteten Maskulismus betrachtet. Also eher nebenbei. Sozusagen: "Mann" trifft sich. Das im Gegensatz zu mancher Politszene, wo sich durchaus feministische Ideen verbreitet haben und daher sexistisches Verhalten geächtet wird und Konsequenzen hat.
Für viele Männer stellt Feminismus ja immer noch ein Feindbild dar und es regt irrationale Ängste an, dass ihnen da jemand ihre Männlichkeit wegnehmen will. Darunter liegen Vorstellungen, dass es dazu gehört sexistisch zu sein, um ein echter Mann zu sein. Daher finde ich es auch ganz wichtig, dass Konferenzen da schon in der Planung klar machen, wo sie stehen. Damit solche Männer gleich wissen, dass sie sich entweder benehmen müssen oder wegbleiben. Die technische Ausrichtung vieler Konferenzen legt aber nahe, dass es nur darum geht, Leute ranzuholen, die technisch kompetent sind - auch wenn sie Arschlöcher sind.
Von den krassen Beispielen mal abgesehen ist es aber auch m.E. eine praktische Einstellung davon auszugehen, dass wir alle nicht frei von Sexismen sind, weil wir alle Kinder unserer Zeit sind. D.h. auf einen blöden Spruch kann man auchmal darauf hinweisen, wie das ankommt/wirkt - und nicht gleich mit einem Platzverweis reagieren.
Letztendlich sollte das Ziel sein, dass sich die Leute auf Konferenzen wohl fühlen, aber nicht nur mehrheitlich und auf Kosten von wenigen (z.B: Frauen)
Wenn ihr als Männer Frauen signalisieren möchtet, daß sie willkommen sind, dann organisiert euch doch mal dafür. Wie wäre es für den Anfang mal mit einer Vortragsreihe von Frauen zu diesem Thema in einigen Fellowship-Gruppen oder web-Bannern und/oder Buttons mit einem entsprechenden Motto? Just my 2 cents.
Ich hatte mal vorgeschlagen einen weltweiten Tag für Frauen in Open Source einzurichten. Das war im Prinzip auch positiv aufgenommen worden bei GNOME und anderen. Aber veranstalten und initiieren sollten das m.E. dann doch Frauen. Aber vielleicht will der FSF die Idee ja noch mal aufgreifen?
ciao, Thilo