Hallo,
On Sun, 24 Apr 2011 13:47:39 +0200 Volker Grabsch vog@notjusthosting.com wrote:
euch ist wahrscheinlich auch schon Open Letter an Stallman aufgefallen:
http://alexeymk.com/dear-dr-stallman-an-open-letter
Ich finde es interessant, dass dort ein Amerikaner genau die Dinge kritisiert, die wir an der FSF ebenfalls kritisieren und die meines Erachtens nach bei uns in der FSFE deutlich besser laufen.
Ich kannte den Open Letter noch nicht. Ich sehe in ihm eigentlich auch weniger fundierte Kritik als das übliche Stallman-Bashing.
Richard Stallman ist kein Diplomat und kein Technokrat, er ist ein Visionär. Seine Idee, und die Idee der FSF, ist eine Welt in der es keine proprietäre Software mehr gibt. Klingt verrückt, nicht wahr? Vor etwa 2000 Jahren gab es einen ähnlichen Spinner, der sagte "Liebe deine Feinde". Vor über 100 Jahren gab es ein paar verrückte Weiber, die meinten, Frauen stünde ein Wahlrecht zu.
OK, genug der Analogien. Was ich damit sagen will ist, dass Ideen die sich nicht nach dem Mainstream richten und erstmal unrealistisch erscheinen immer verrückt klingen. Heute, da GNU/Linux eine Realität ist, klingen die Aussagen von RMS radikal. Wie haben seine Aussagen wohl vor 25 Jahren geklungen? Da gab es so gut wie keine freie Software und niemand hat RMS zugehört, bis auf eine Handvoll Hacker, die am GCC, an der libc und emacs bastelten. Hätte RMS nicht so eisern an seinen Prinzipien festgehalten und hätte weniger dogmatisch und mehr pragmatisch gedacht, hätten wir heute kaum freie komplette Betriebssysteme, sondern allenfalls ein paar freie Tools und Programme.
Ich staunte nicht schlecht, als ich so einige interessierte Nachfragen erhielt, unter anderem auch ob ein Amerikaner, der mit der FSF unzufrieden ist, stattdessen der FSFE beitreten könne.
Ich kann nur davor warnen, die FSFE als die "bessere FSF" oder die "pragmatischere" FSF darzustellen. In jeder größeren gesellschaftlichen oder politischen Bewegung gibt es unterschiedliche Ausrichtungen bzw. Akzentuierungen. Im Umfeld der US-amerikanischen FSF mag es Leute geben, die gerne einen pragmatischeren Kurs hätten. Ich dagegen z. B. finde, die FSFE könnte ruhig im Stile der FSF etwas mehr Microsoft und proprietäre Software im allgemeinen aufs Korn nehmen.
Oft wird ja Kritik an den "Negativ-Kampagnen" geäußert. Persönlich fand ich "Badvista" und finde ich "Windows7Sins" eigentlich recht gut - nicht so sehr als Seite für den durchschnittlichen Windows-User, der dort zufällig vorbeikommt, mehr als geballte Argumentationssammlung die man in der täglichen Diskussion gebrauchen kann.
Ich denke im Endeffekt gehört beides zusammen. FSFE und FSF auseinander zu dividieren halte ich für keine gute Idee.
Gruß, Henry