Hallo!
Bei Gelegenheit Liste wechseln oder als PM erscheint mir langsam sinnvoller :-)
Benni Baermann wrote:
Angesichts der treibenden Kräfte im Projekt und deren politischen Gesinnung bekommt man rasch den Eindruck, hier wollen ein paar unverbesserliche Marxisten die Freie Software als Zugpferd für ihre verstaubten Ideen vergewaltigen.
Na, ich finde das was wir machen alles andere als verstaubt. Aber das ist sicherlich Geschmacksache.
Naja, vielleicht nicht die Ideen der Leute, aber die Basis für diese Ideen, die Marxistische Theorie.
Ich finde das auch ein ziemliches Schubladendenken. Da sieht jemand das irgendwo Marx erwähnt wird und schon gehen alle Scheuklappen hoch. Ich bin gerne bereit mich mit jedem inhaltlich auseinanderzusetzen, aber nicht mit "Argumenten" ala, das ist Marxismus also muss es Scheisse sein. Zugegeben, versuchen viele bei uns sich aus dem Marxismus die Rosinen rauszupicken aber die meisten sind sich durchaus den Nägeln bewusst, die in diesem Kuchen auch drin sind.
Das würde ich mir wünschen. Als ich von Ökonux zum ersten Mal hörte, hatte ich die Hoffnung, dass sich jemand über wirtschaftliche und soziale Konsequenzen Freier Software Gedanken macht. Wenn dann aber schon politisch stark vorgefärbte Leute mitmischen, dann gibt es eine "GPL-Gesellschaft": Ich halte die Ökonux-Zukunftsvorstellungen für gefährliche Strukturexpolationen.
Um konstruktiv zu sprechen: Ich würde mich wesentlich besser fühlen, wenn ihr heuristische Techniken (von Dörner, de Bono, ...) anwenden würdet. V.a. de Bono kriegt es auf die Reihe, Techniken zur Vermeidung von Denkfehlern in gut aufgemachter Art und Weise zu vermitteln (siehe de Bono, "Thinking Course").
Das ist ungefähr die selbe Stufe der Auseinandersetzung, wenn irgendwelche Manager über freie Software sagen, kostet nix, muss also Scheisse sein, ohne Ahnung zu haben.
Du missverstehst meine Aussage. Ich meine, dass ein Projekt mit einer Art wissenschaftlichen Zielsetzung nicht von politischen Hintergrundgedanken beeinflusst werden sollte. Die Trennung von Wissenschaft und Staat und von Ideen und Interessen sind die Grundfeste der Wissenschaft gewesen. Jedes mal, wenn sie missachtet wurden, ob im Großen (NS-Zeit, kirchliche Repression neuer Erkenntnisse ...) oder im Kleinen, ist etwas furchtbar dummes herausgekommen.
btw: Das was Du da oben mit "Mensch der Mitte" alles mit einkaufst, ist auch "verstaubt", weil es nämlich genauso auf jahrhundertealtem Denken basiert, nur eben einem anderen. Nur sind die meisten "Menschen der Mitte" sich dessen nicht mehr bewusst.
Stimmt schon. Verstaubtes Denken ist zwar keine rein europäische Stärke, aber wir haben als einzige Kultur geschafft, es zum Teil unseres Denkens zu machen. Die islamische Welt ist inzwischen wandlungsfähiger als die europäische... *hüstel* Ich habe nix gegen neue Ideen. Aber wenn sie schon von vornherein politisch belegt sind bzw. wenn die Ergebnisse von den führenden Kräften im Projekt für deren Zwecke reinterpretiert werden, finde ich das echt schade.
<altelaier mode="on">Die PISA-Studie</altelaier> hat uns nicht gezeigt, dass die deutschen Schüler nix gelernt haben. Sie haben einfach das falsche gelernt, z.B. konstruktives, kreatives und aktives Denken. Kritisches Denken ist keine Qualität, sondern eine schlechte Eigenschaft, weil man lieber eine neue Idee zerreißt als selber eine zu entwickeln. Das spart Gedankenkraft, die wir lieber für unendliche Diskussionen verwenden. Deswegen oben mein Literaturvorschlag.
Ich gebe zu, ich habe mich auch zu destruktiver Kritik hinreißen lassen, versuche aber, in dieser Mail etwas konstruktiver zu sein :-)
Den da mitschwingenden Vorwurf, wir würden ein an sich unideologsiches, technisches Thema ideologisieren gebe ich mal grad zurück, denn Du machst ja wohl nix anderes, wenn Du erwartest, dass sich Leute mit anderer Gesinnung als Deiner nicht mehr mit dem Thema auseinandersetzen dürfen.
Nein, das Thema Freie Software ist nicht technisch, es ist durchaus politisch. Bis auf Turbokapitalisten [1] findet *jeder* mit einer politischen Richtung seine Vorteile dort: Der Mitte-Demokrat, der Liberale, der Sozialist, der Christlich-Bürgerliche [2] ...
Du darfst Dich gerne mit dem Thema auseinandersetzen, aber ohne Brille. Das ist das mindesteste was man erwarten kann, wenn jemand von "auseinandersetzen" spricht. Es gibt eine objektive Wahrheit, aber ob manche der Ökonux-Leute die wirklich finden möchten, wenn sie unbewusst ihre eigenen ideologischen Gedanken damit stützen möchten, das müsste ich erst detaillierter untersuchen. Auch wenn diese Mail sehr lange: Ich tue lieber was, als drüber zu reden. Ist wie mit Frauen [3] *g* :-)
Ciao, Christian
[1] Ich meine den Begriff so, wie er dort steht und nicht als Persiflage auf euch. Kannst auch "Neoliberal" einsetzen. [2] Manche Christlich-Bürgerliche sind in Wirklichkeit [1], tarnen sich aber. [3] War nicht sexistisch gemeint ... nicht, dass ich am nächsten GNU/LinuxTag einen Tritt von Kyrah in meine Familienplanung krieg :-)