* Bernhard Reiter:
On Tuesday 01 January 2008 22:35, Florian Weimer wrote:
Abgesehen davon ist Microsoft mit die letzte Firma, die reine Freie-Software-Projekte wegen Patentverletzung verklagen wird.
Jede Freie Software kann auch kommerziell verwendet werden.
Ja, aber die Durchsetzung der Rechte des Patentinhabers skaliert nicht so, daß das in der Breite funktioniert. Das hilft nur als Druckmittel gegen einen einzigen Vorlieferanten, der für die Patentverletzung der Endnutzer haftet.
Gegen einzelne Nutzer, die gewerblich erfolgreich sind, mag eine Klage lohnend sein. Das ist aber weniger ein Problem für die Gemeinde als ganzes, auch wenn das vielleicht im Einzelfall als Angriff dargestellt wird. Ich denke zum Beispiel an diverse Appliance-Verkäufer, die zwar gerne Code nehmen, aber wenig zurückgeben.
Die Frage ist halt, ob das eine mittelbare Patentverletzung darstellt, die Software schon zur Verfügung zu stellen. Das könnte Freie Software schon viel bremsen.
Das ist sicherlich die interessanteste Frage. Im Rahmen der Swpat-Diskussion wurde aber leider lieber über den Ambivalenzbereich geschwurbelt, als praktische Weichenstellungen vorzunehmen. Letztlich interessiert uns ja nicht, was patentierbar ist, sondern ob sich die Rechte in für uns übermäßig nachteiliger Weise durchsetzen lassen.
Dort ist schließlich kein großes Geld
Novell, Red Hat und IBM haben durchaus Geld und verbreiten auch kommerziell Freie Software.
Microsoft hat mit IBM seit Ewigkeiten ein Patentabkommen. Das Abkommen mit Novell wurde jüngst auch auf Kunden ausgedehnt, was einigen aus unserem Lager äußerst mißfiel. Für Red Hat gab's wohl auch ein derartiges Angebot.
Häufig frage ich mich, was Microsoft noch alles tun muß, damit einige endlich ihre Haßkappen absetzen. Wenn Balmer ab und zu etwas Blödsinn verzapft, kann das wohl nicht das Maß aller Dinge sein, und sollte nicht den Blick darauf verstellen, daß sie vieles Vernünftiges machen und sich in den letzten Jahren in alle möglichen Richtungen geöffnet haben. Ich mache mir inzwischen eher Sorgen um Firmen, die uns die Software von unseren Computern nehmen wollen.
Oder andersherum: Stallman sagte z.B. vor ein paar Jahren, daß ihn freie Software für Embedded-Systeme nicht die Bohne interessiert (und obwohl er eine halbe Stunde zuvor berichtet hatte, wie ein Drucker ihn zur Gründung des GNU-Projektes bewegte). Und ich bin auch alles andere als glücklich über die Verkauf-Dich-in-die-Sklaverei-Klausel in der GPLv3, die in einer Nacht-und-Nebel-Aktion kurz vor Torschluß eingebaut wurde. Ich verstehe zwar, daß die Geldgeber der FSF ihr Managed-Services-Geschäft absichern wollen, aber das ging m.E. zu weit (weil es sich auch auf den CPE-Fall erstreckt, der die GPL-Pflichten nach sich ziehen sollte).
Und dann ist noch das massive Eintreten der FSF für Interface-Copyright zu nennen. Als es um Apple & Co. und deren GUI ging, war es noch der Weltuntergang. Wenn es aber um noch weitaus schwieriger abzuwandelnde technische Schnittstellen geht, soll jetzt bitteschön das U.S.-Copyright ganz erheblich ausgeweitet werden (so daß der bloße Verweis auf ein geschütztes Werk dazu führt, daß das eigene zu einer Bearbeitung wird).
Wenn ich diese einzelnen Dinge zum Maßstäbe nähme, müßte ich in der FSF auch einen brandgefährliche Organisation sehen mit einem Heuchler als Vorkämpfer.
Aber die nicht-aggresive Art mit Patenten zu arbeiten, dass macht Microsoft ja jetzt schon - siehe die Vereinbarungen mit verschiedenen GNU/Linux Distributoren.
Das liegt aber auch an den Rahmenbedigungen. Selbst weitaus kleinere Firmen müssen wohl oder übel mitspielen, sei es im Interesse ihrer Kunden oder ihrer Eigner.